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Von Austern in kleingehackten Hoden

„Aphrodite - Eine Feier der Sinne“ von Isabel Allende

Meine Damen und Herren!
Es gibt Wörter, die nicht nur dem geneigten Leser den Magen umdrehen; sie bewirken auch, dass bei ihrer Niederschrift sich sogar die betroffenen Buchstaben übergeben müssen. Und ein solches Brechreizwort - es tut mir Leid, liebe Buchstaben, aber es muss sein - ist das Wort „Kochbuch“.
Steigerungen sind praktisch nur möglich in Verbindung mit anderen unan­genehmen Begriffen wie „Biolek“, „Kochduell“ oder, sagen wir mal: Thüringen.
Dass kein Mensch mit normalem Stuhlgang und Verstand diesen wider­natürlichen Auswurf an Brutzelbüchern noch riechen kann, ist allmählich auch bis zur letzten Brutzelbuch-Verlegernase vorgedrungen. Daher ist der stets innovative Brutzelbuch-Verlag Suhrkamp dazu übergegangen, das Wort „Kochbuch“ im Titel seines letzten Brutzelbuches erst gar nicht zu erwähnen.
Meine Damen und Herren! Können Sie sich vorstellen, wie ich von den Pötten war, als ich merkte, dass es sich bei „Aphrodite - Eine Feier der Sinne“ von Isabel Allende um ein Koch...
Also: Womit kann nun eine Kaltmamsell aus der 3. Welt an dem lächer­lichsten Kochlöffel der Nation bestsellernd vorbeidampfen? Wohl kaum mit Köstlichkeiten vonner chilenischen Heilsarmee! Nein! Sondern nur mit Sex und Sexerregern!
Mit Anpeitschern und Aufputschern,
mit Hart- und Scharfmachern,
mit Weich- und Feuchtmachern,
mit gaanz, gaanz irren Kirremachern!
Ob Lumpi bockig, Frauchen flutschig,
Rattig, juckig, brünstig, rutschig,
Ob Kinderkram, ob Sodomite,
Alles ist in Aphrodite.

Und zwar from all over the world! Und so liest sich das dann:
„In Samoa gilt ein lebender Polyp als Gipfel des Aphrodisi­schen. Sie legen sich ihn auf das Gesicht, so dass seine Tentakeln sich ihnen um den Kopf schlingen; dann beißen sie die Mundöffnung des Tieres ab und saugen es in einem langen Todeskuss aus, bis es leer ist.“
Das ist schon fast quasi endgeil. Aber ich bin hier noch auf einen andern Leckerbissen gestoßen, liebe Leser – halten Sie sich fest, woran auch immer:
„In China gilt das Gehirn eines lebenden Affen als eine Deli­katesse. Sie setzen den Affen in einen engen Korb unter einen Tisch mit einem Loch in der Platte, durch das der halbe schon aufgemeißelte Kopf des Tieres erscheint.“
Hui! Als ich das hinter mir hatte, musste ich mir erst mal einen von der Palme schütteln. Aber nach 5 Minuten war ich wieder voll in Fahrt und volles Rohr für den nächsten Ethno-Schwank:
„Man koche die Hoden des Löwen in Salzwasser, ziehe die Haut ab und hacke sie fein, damit sie nicht mehr als Hoden erkennbar sind, man wälze die Teile in Eigenurin und würze sie mit pulverisierten Kakerlaken.“
Anschließend becirct uns Isabel mit dem Sätzchen:
„Aber ich will hier nicht in die Einzelheiten gehen. Dies ist kein Buch über Alpträume, sondern über Erotik und Kochen.“
Ach so.
Ja, und wenn uns unser feuchtes Früchtchen nicht gerade mit coolem Soft-Aphrodisischen anheizt, wie „Kanarienvögelzungen, Napf­schnecken und blaugemasertem Käse, der nach Soldaten­stiefeln riecht", dann säuselt sie uns was von einem "100-jährigen Großmeister der Akupunktur“ ins Ohr, „der noch alle seine Zähne besitzt und bis heute nicht aufhört, mit irgendeinem saftigen Mädchen seine Spiele zu treiben. Und das alles dank Tai Ginseng!“
Und das alles ist ein Zitat. Ich sag das nur, damit Sie nicht denken, hier wolle Sie irgendwer verkackeiern.

Dergestalt schwitzt Isabel sich auf 200 bunten Großdruckseiten durch die speziellsten Vorlieben der Völkergemeinschaft, wobei sie selbst, wie sie durchblicken lässt, vom Kochen so viel versteht wie eine verschwiegene, schleimschlappige Auster. Gegen Ende jedoch wird die alte Welt wieder halbwegs normal und unsere virtuelle Kochmütze kundenfreundlich. Da präsentiert sie gutsherrenartig kurzerhand sogenannte Muntermacher-Rezepte ihrer eigenen Mutter. Die haben jetzt in der Tat den Vorteil, dass man vorm Essen nicht an einer lebensgefährlichen Großwildsafari teil­nehmen muss. Ebenso ist unter Mamas kleinen Helfern kein Platz für wilde, libidinöse Ingredienzen wie „Menstrualblut, Eidechsenaugen oder Ausscheidungen von Pottwalen.“ Das ganze Gerümpelge­müse für die aphrodisischen Fressorgien Marke Mama kriegt man näm­lich gegen amtliche Taler bei Aldi, Plus und Hertie. Bei Isabel wirkt prak­tisch einfach alles aphrodisisch.
„Nur Mohrrüben,“ lüstert sie, „sind völlig ungeeignet. Denn ich kenne niemanden, der sich an einer Mohrrübe aufgeilt - ich meine natürlich beim Essen.“ Mensch, was habe ich mich schlapp-
gegiggelt!
Aber wieso eigentlich ungeeignet? Bei einem aphrodisischen Mahl lässt sich eine giggelige Möhre doch auch prima in den Hintern implantieren! Oder wie man unter Veganern sagt: Umtopfen.

Meine Damen und Herren, ich bin weit davon entfernt, Lukullisches zu verschmähen. Nur, in jedes Kraut und in jede Rübe Pillermännerver­größerer hineinzuphantasieren..., also, Isabel, ich weiß es nicht... Ich persönlich gehöre da ja eher zu den Einfachgestrickten. Egal, ob bei 'ner Hühnerbrühe für 99 Pfennige oder einem extravaganten Mampfi-Mampfi - den rechten Weg in einen astreinen Exzess weist mir allemal noch Dr. Truthahn mit:
Hast du Haschisch in der Blutbahn ...

Okt. 1998
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