Übersicht Kritiken:

 

Kurzkritiken zu Wolfgang Nitschke

„Wolfgang Neuss hätte seine helle Freude an ihm gehabt.
Auch er hatte früh das elegante Florett zum alten Eisen geworfen und, weil die Zeiten danach waren, den Schlagzeugprügel hervorgekramt.
Da zerreißt einer Bücher. Das heißt: er liest. - wie angenehm.
Und kotzt ab - wie wohltuend. Mancher, der es ihm nachtut, wird entdecken, dass Nitschke sehr freundlich mit dem umgeht, auf das er sich da einlässt."

(Volker Kühn, Berliner Kabarett-Historiker)

"Mission jenseits der Schmerzgrenze" (Kölner Stadtanzeiger)

„Bestsellerfressen ohne Pardon” (Rheinische Post)

„Festmenü mit '288-seitiger Hühnerkacke' ” (WAZ)

„Bücher, so - intelligent wie 100 Meter Feldweg - ” (NRZ)

„Ein literarischer - Schmierkäse - ” (Siegener Zeitung)

„Hemmungslos schamlos” (WB)

„Treffsicher, mit tödlicher Sicherheit” (Rheinische Post)

„Ein -Bestsellerfressen- der Respektlosigkeiten” (Erftkreis Anzeiger)

„Für den Abscheu ist ein Abend zu kurz.” (A.K. in der WAZ)

„Dieses Bestsellerfressen macht niemals satt.”
(S.B-R in der „Rheinischen Post”)

„Endlich: Wovon der normale Literaturkritiker nur zu träumen wagt.”
(Brigitte Schmitz-Kunkel in der „Kölnischen Rundschau”)

„Das Fazit: Ein hervorragend gelungener Abend kabarettistischer Kleinkunst. Oder war‘s doch große Kunst?”
(Bernd Schubert in der WZ)

„Nitschkes vernichtendste Argumente sind die Zitate.”
(Walter van Rossum in der „Süddeutschen Zeitung”)

„Eine Wonne, wie sich Nitschke sprachgewaltig über die von Demenz gezeichneten Windbeutel der Bestsellerstapel hermacht.”
(Marcus Bäcker im „Kölner Stadtanzeiger”)

„In diesen Glossen gibt’s ordentlich was auf die Bestsellernasen.”
(Helge Hopp in „Die Woche”)

„Die Literaturkritik nach Nitschke kann eigentlich nie mehr die gleiche sein.”
(Brigitte Schmitz-Kunkel in der „Kölnischen Rundschau”)

„Nitschke, neben dem selbst Kritikerpapst Marcel Reich-Ranicki zu einem mundfaulen Vorkoster verblasst.”
(Ingo Plaschke in der „WAZ”)

„Der Scharfrichter, Deutschlands härtester Buchkritiker.”
(Christoph Ernst im „Express”)

„Der Hannibal Lector der Buchkritik.” (Brigitte Schmitz-Kunkel)

„Der wird euch an die Wand lesen!”
(Klaus Bittermann am Telefon zu Dietrich zur Nedden)



Kritiken in Gänze zu Wolfgang Nitschke

Kritiken zu "Hauptsache Wind"

»Masochismus als Betriebsbedingung«
(21.03. 2007, in der Reihe »Portrait« vom Kölner Stadtanzeiger)

Er könnte heute noch mit seiner Häschen-Nummer durch die Lande ziehen und das Publikum zu Lachanfällen hinreißen, wie es ihm vor 20 Jahren geglückt ist. Damals gehörte der in Köln lebende Autor und Kabarettist Wolfgang Nitschke zum Ensemble der »Stunksitzung«. So einfach macht er es sich aber nicht.
Stattdessen ist er seit 2004 als Solist unterwegs, nachdem er immerhin 13 Jahre mit dem »3Gestirn« Erfolg gehabt hatte, eine Weile mit Nessi Tausendschön auf der Bühne stand oder sich von Norbert Alich begleiten ließ. Kurz: Der Mann hat Erfahrung mit den Unwägbarkeiten des freischaffenden Künstler-Daseins.

Mit »Hauptsache Wind« legt Nitschke nicht nur seinen fünften Band aus der Reihe »Bestsellerfressen« (Edition Tiamat, Klaus Bittermann-Verlag) vor, sondern beweist einmal mehr, dass Menschen wie er ganz und gar unverzichtbar sind: Wer sonst würde die Druckwerke von Max Schautzer und Liselotte Millauer, Alexander v. Schönburg und Cherno Jobatey, Norbert Blüm und Sigmund Gottlieb verschlingen, verdauen und sie auf maximal drei, vier Seiten komprimiert wieder ausspucken? 218 Bestsellerfressen hat er inzwischen auf diese Art und Weise poliert, anders gesagt: dem geneigten Leser viel Zeit erspart, indem er Bücher gelesen hat, die die Welt nicht braucht. »Masochismus quasi als Betriebsbedingung« kennzeichnet er die Voraussetzung für seine »wohlfeilen, ja feinsinnigen Verbalinjurien.«

1956 in Bocholt am Niederrhein geboren, fragt er sich heute, was das eigentlich für Zeiten sind, in denen »ein Drittel aller Deutschen glaubt, schon einmal gelebt zu haben, ein weiteres Drittel es zwar für möglich hält, sich aber nicht mehr genau dran erinnern kann, und 90 Prozent sich über Amerikaner lustig machen.« Nitschke bezieht Stellung, on zum Koran, zum Dalai Lama oder den Papst-Biographien. Nichts findet er komischer, als Kollegen, die für Politiker den Hofnarren spielen, wie man es gerade wieder in Bayern erleben durfte, wo gestandene Kabarettisten wie Django Asyl (als Nachfolger von Bruno Jonas) speziell für Stoiber & Co. Ihre Witze rissen und Parodien eingeübt haben. Nitschke: »Für mich ist das eine Frage der Hygiene.«

Intelligente Unterhaltung wolle er machen, nicht mehr und nicht weniger. Die Kunst bestehe darin, ernste Dinge mit freundlichem Gesicht von sich zu geben. Also erst einmal einen Sack Kreide essen, bevor man mit dem analytischen Seziermesser hohles Geschwätz auseinander nimmt. Dass er das perfekt beherrscht,, hat er seinen unübertrefflichen mimischen Talenten zu verdanken – eine Gabe, die ihn ganz und gar unverwechselbar macht.

(Marianne Kolarik, 21.3. 2007, in der Reihe »Portrait« vom Kölner Stadtanzeiger)

Trenner Ratte

Bestseller mit Pfeffer bestreut (27.03.2007, Kölnische Rundschau)

Wehe dem Buch, das Wolfgang Nitschke in die Hände fällt. Es hat meist nicht mehr viel zu lachen. Dafür umso mehr das Publikum, das sich daran delektieren darf, wie der berüchtigte Bestsellerfresser die Top Ten aus den Hitlisten genüsslich zwischen den wortgewaltigen Kiefern zermalmt.

»Willkommen zur intimen Stinkstiefelparty, der etwas anderen Lit. Cologne!« begrüßte Wolfgang Nitschke die Fans in der Comedia zu seinem 2. Soloprogramm »Hauptsache Wind«. Die gnadenlosen Verrisse, zeitgleich als Buch erschienen (»Bestsellerfressen V«) werden erst im diabolischen Pokerface-Vortrag so richtig süffig. Wobei es ihm der ZDF-»heute«-Chefreporter Peter Hahne (der »evangelische Schleim-Tsunami«) mit seinen unzähligen Besinnungstraktätchen besonders angetan hat. Reinhold Messners egozentrischer Selbsterfahrungsbericht »Gobi – die Wüste in mir« bekommt ebenso sein Fett weg (»Südtiroler Autistenquark«) wie der Fotoband »Der Dalai Lama unterwegs für den Frieden« (»Neues von Seiner Heiterkeit, dem 14. Lachsack vom Dachboden der Welt«) und Max Schautzer Antworten auf den Jugendwahn. Die Zitate sprechen oft für sich selbst, wie auch bei Hape Kerkelings Wanderung auf dem Jakobsweg, »der katholischen Idiotenrennbahn«.

Aus der deutschen Übersetzung des Koran hat Nitschke mit Fleiß die frauenfeindlichsten Stellen herausgesucht – eine nützliche Aufklärungsarbeit, auch wenn er mit seinem »offenen Brief anlässlich des sog. Karikaturenstreits« übers Ziel hinausschießt. Und weil er ja 13 Jahre lang Mitglied der Kabarettgruppe »3Gestirn« war, begnügte er sich nicht mit dem pointierten Vorlesen, sondern reicherte das köstlich scharfe Gelage mit aktuellem »Tagebuchnotizen« an. Die zeigten frech, wie die Massenmedien manch flaues Lüftchen zum krachenden Flatus aufblasen – Hauptsache Wind.

(Babro Schuchardt, 27.03.2007, Kölnische Rundschau)

 

Laudatio (Lobgehudel) von Walter van Rossum zu "Bestellerfressen IV - Solo gegen den Rest"

Meine Damen und Herren,

Ich heiße Walter van Rossum und ich habe die wundervolle Aufgabe, Ihnen Wege zum Werk von Wolfgang Nitschke zu bahnen.

Zarte Seelen raunen es hinter vorgehaltener Hand:
Wolfgang Nitschke ist ein Grobian. Ich stimme dem zu. Ich bin auch vom Fach.

Und jetzt stellt sich die Frage:
Wie ist es möglich, dass sensible Gemüter wie unsereins zu Grobianen werden konnten. Es sind ja nicht nur die erlauchten Hüter des Wahren, Schönen, Guten, die uns scheel betrachten. Auch die Tiefsinnsarbeiter aus der Zunft der Hochfrequenzintelligenz mögen uns nicht so richtig. Wenn die sich nicht total verausgabt haben in der Materialschlacht um die Rechtschreibereform, dann suchen sie in selbstreferentiellen Systemen nach dem Weltgeist, vertiefen sich in gewagte Analysen zur Mikrophysik der Macht oder decken gar eine Riesenverschwörung auf: die Sprache. Wer mit solchen Mächten ringt, dem kann schon mal die real existierende Realität entgehen. Und wie das da so zugeht:
Mittlerweile scheint es normal zu werden, dass bei amerikanischen Wahlen internationale Beobachter zugegen sein müssen. Einem Bundeskanzler oder seinem keifenden Zögling schiebt ein Waffenhändler eine Million in bar in der Plastiktüte über den Tisch. Und die Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch bezahlen ein paar Zehntausend völlig Unschuldiger mit ihrem an sich schon kargen Leben.
So sieht das aus. Es geschah am helllichten Tag. Und niemand darf sagen, er wäre nicht dabei gewesen.
Selbstverständlich könnte ich die Aufzählung noch beliebig fortsetzen, aber es geht ja nicht um Details des irdischen Misthaufens, sondern darum, warum so ein feiner Kerl wie Wolfgang zum Grobian wurde.

Um es kurz zu machen:
Während es also schier nicht mehr zu übersehen ist, dass sich die freie Welt rapide in ein glänzendes Lehrbuch-Beispiel für Vulgärmarxisten verwandelt hat, blubbern das Abendland und seine intellektuellen Bergprediger unverdrossen weiter, was das humanistische Zeug hält. Speziell im Vergleich mit dem barbarischen Rest der Welt wähnen wir uns dem Paradies sehr nahe. Liberté, egalité, fraternite stehen nach langer Arbeit sozusagen kurz vor der Vollendung. Anders gesagt, das Abendland huldigt seiner Lieblingsübung: sich und andere nach Strich und Faden zu bescheißen.
Wie gesagt, es geschah am helllichten Tag. Und man muß schon verdammt viel Lichter ausknipsen, um das Ausmaß des Wahns nicht zu sehen. Und allmählich wird man den Verdacht nicht los, das hinter der Umnachtung System steckt. Und wenn ich mich mal kurz zu einer schier fundamentalistische These versteigen darf:
Vielleicht ist ja die abendländische Geistesverfassung eher das Problem als die Lösung.

Sie ahnen es wahrscheinlich:
Wer dem entkommen will, der flieht ins Grobe.
Wenn die Regeln und Rituale der Kommunikation einen daran hindern, die Welt zur Sprache zu bringen, dann muß man die Regeln und Rituale verletzten. Und man muß sich dauernd selbst verletzten. In Wahrheit war der Grobian zunächst verletzt, bevor er grob wurde, um sich sodann dauernd selbst zu verletzen. Das ist nicht leicht.

Das ist sogar schwer.
Denn es ist ziemlich klar, dass die Tragödie zornigen Amoks nach kurzer Zeit sterbenslangweilig würde. Der Grobian als Auftrittsfigur und als Denkweg funktioniert nur durch künstlerische Bearbeitung. Und es besteht kein Zweifel: Ich halte Wolfgang Nitschke für einen wunderbaren Künstler, der frei nach Hofmannsthal seine Kunst trefflich zu verstecken weiß – nämlich an der Oberfläche.

Gestern traf ich eine Jugendfreundin von Wolfgang aus alten Bocholter Tagen. Und die lieferte mir ein aufschlußreiches Portrait des Künstlers als junger Mann. Und das geht so: Bei Kräuter-Tee und Räucherkerzen liest Wolfgang Nitschke stundenlang vor, na was wohl? Karl Marx. Die 42 blauen Bände der MEW stehen heute noch in seinem Regal. Jene Freundin sagte: das war ätzend. Gleichwohl ist sie heute ganz dankbar für die unfreiwilligen Marx-Lektionen – siehe oben. Es geschah am helllichten Tag in Bocholt: kein Sex, kein Joint, keine Doors, sondern: Tee und Marx.
Und wenn Sie gleich den Grobian bei seiner öffentlichen Verdauungstätigkeit lauschen, dann gucken sie mal genau hin: Sie werden vielleicht das fromme Bocholter Stillleben auf dem Grunde seiner schrundig gewordenen Seele wieder finden:
Kräuter-Tee und Marx ---- ein andächtiger Geistesarbeiter, der leider in die reale Welt demissionieren mußte, weil er verstanden hatte, den Zeremonien des Geistes gründlich zu mißtrauen.
Ist das keine schöne Geschichte? Und das Schönste ist: sie ist wahr.
Lesen Sie doch mal, den Text „Kalte Kotze" in Bestsellerfressen IV,
das Selbstportrait eines Kabarettisten, der gegen sich und seine Zunft pöbelt:

"Was ist Kabarett? Oder noch besser: Was macht der Kabarettist?
Nun, der Kabarettist reißt seit ca. 6 Millionen Jahren radikale Scherze über die Frisur von Angela Merkel. Der Kabarettist reimt auch schon mal gerne Schmerz auf Merz. Der Kabarettist macht, daß dem Zuschauer das Lachen im Halse stecken bleibt. Oder im Gesicht gefriert. Oder das Zwerchfell platzt. Oder der Oberschenkel aua macht.
Der Kabarettist ist ein Lausbub, ein rebellischer Bengel, der Kabarettist ist durch die Bank ein Sozialdemokrat.
(...)
Oder aber ist der Kabarettist einer, der sich erst so richtig wohl im australischen Dschungel fühlt und auf den Namen Lisa Fitz hört?
So viel Kabarett, so viele Fragen.
Wär' ich nicht in derselben Branche ... ich würd' das kalte Kotzen kriegen."

Das hat Wolfgang Nitschke bös kapiert:
Der Kabarettist ist auch wieder nur so eine Nummer aus dem sophisticated Repertoire. Der Kabarettist ist der letzte Künder des Wahren. Gnadenlos nennt er die Scheiße beim Namen, vorausgesetzt, er gibt der Welt zu verstehen, dass das alles nicht so ernst gemeint ist. Der Pluralismus sieht heute so aus: auf der einen Seite stehen die Exponenten der Meinungsvielfalt, deren Spielraum grandios verkörpert wird von solchen Leuchttürmen des Gemeinplatzes wie Laurenz Meyer und Franz Müntefering. Auf der anderen Seite stehen die Kabarettisten. Und was die beiden verbindet, das ist der Deal: Stochert in den Wunden, aber paßt auf, das nichts nach draußen dringt.

Wie kommt man da raus?
Ich finde, Wolfgang Nitschke hat einen Weg gefunden, das Spiel mit der Wahrheit infektiöser zu gestalten. Er schlägt Krach der etwas anderen Sorte und auf selten betretenem Terrain. Ich muß allerdings zugeben, dass Witze über Angela Merkel bei mir immer noch heilende Wirkung haben. Ich weiß, das Spiel ist abgedroschen und abgekartert, aber es verschafft doch ein wenig Erleichterung. Auch wenn ich ahne: bei diesen Witzen über dumpfe politische Temperamente entsteht immer eine kleine Illusion. Als gäbe es jenseits der Seancen der parlamentarischen Vernunft eine Ebene auf der man sich im Grunde ganz gut verständigen könnte. Und genau dieser Illusion, dass der gesunde Menschenverstand doch eigentlich ganz intakt geblieben ist, rückt Wolfgang Nitschke der Grobian drangvoll zu Leibe.

Im Moment werden wir ja wieder zur Leitkultur verpflichtet.
Wenn damit nicht nur der Appell zum grausamen Deutsch des Edmund Stoiber gemeint ist, was dann? Ich empfehle zum Studium der Leitkultur das jüngste Werk von Wolfgang Nitschke „Bestsellerfressen IV". Für den freidenkenden Abendländer könnte Bestsellerfressen IV das werden, was Hartz IV dem Arbeitslosen bedeutet. Eine große Pein.

Wir können uns ja mal die Leitkultur vorstellen als eine Mischung aus Horst Köhler, Uschi Glas, Kardinal Ratzinger und Wolfgang Joop!. Wohlgemerkt auf die Mischung kommt es an. Und die finden Sie bei Wolfgang Nitschke. Jedes dieser Heroen des gesunden Menschenverstandes hat natürlich ein Buch geschrieben, sozusagen seinen Beitrag zum Programm der Leitkultur. Und das Bestsellerfressen wäre nicht so erhellend, wenn Nitschke nur ein paar Sottisen aus dem jeweiligen Werk der Leitkulturdarsteller aufgespießt hätte. Wenn Nitschke Daniel Küblböck, Heiner Geißler und Johannes Heesters hintereinander stellt, dann dämmert einem: die löffeln alle ihre Suppe aus dem selben Pott. Und wenn man so allmählich versteht, wie kurz die Denkwege zwischen Dieter Bohlen und Guido Knoop sind, dann ahnt man: die Leitkultur die gibt es, die gibt es schon lange, da steckt man schon längst drin. Und wenn Sie nun dieser Leitkultur entkommen wollen, dann müssen Sie schon mal was grober werden. Sonst kommen Sie da nie wieder raus.

Und hier kommt der Mann der Sie aus den Klauen der Leitkultur retten könnte:

Wolfgang Nitschke.

 

„Der Hannibal Lector der Buchkritik“ (WAZ, 14.04.03)

Eine kleine Deutschlandfahne zeigte am Mittwochabend die Grundstimmung des Künstlers: kreativer Halbmast.

Wolfgang Nitschke gab sich bärbeißig bei seinem Auftritt in den Flottmannhallen, bei dem er gewohnt ungnädig mit Deutschlands Vielschreibern umsprang. Denkt Nitschke in der Nacht, ist er gründlich um den Schlaf gebracht. Weiß er doch, dass dann Unzählige im trüben Glanz vieler kleiner Lichter am Schreibtisch hocken, um ihre redseligen Memoiren oder Weltbetrachtungen auf – leider auch in diesem Fall – geduldigem Papier zu verewigen. Und Nitschke muß das alles lesen, als masochistischer Wächter der Sprache verschlingt er Band für Band Banales. „Bestsellerfressen“ heißt das Programm, in dem Nitschke als dann Schwerverdauliches in kleinen Häppchen weiterreicht.

Dennoch will das intellektuelle Sodbrennen nicht vergehen, sogar die sorgsam portionierte Auswahl der Promi-Ausfälle ist völlig ausreichend, um sich gehörig den Magen zu verderben. Selbst halbwegs intelligente Menschen haben es offenbar schwer, Geistreiches zwischen zwei Buchdeckeln festzuhalten. So salbadert etwa Alfred-„Huihuiui-is-ja-enorrrrm“-Biolek derart selbstvergessen vor sich hin, als hätte er es nach 10 Jahren Boulevard nicht mehr nötig nachzudenken. Auch bei Norbert Blüm scheint kurzfristig die Dachstuben-Beleuchtung ausgefallen zu sein, als er sich niedersetzte, um Kindergeschichten aufzuschreiben: Das geschilderte Szenario klingt wie eine Fiebervision des Apokalypsenmalers Hieronymus Bosch. Kinder, denen das zur guten Nacht vorgelesen wird, bekommen wahrscheinlich Schlafstörungen für immer.

Heino, Reinhold Messner, Dieter Bohlen und Edmund Stoiber: Das sind Nitschkes Lieblingsversager in der Disziplin kreatives Ghostwriting. Aber auch Nitschke kennt Grenzen. Jürgen Möllemanns „Klartext“ wird einmal mit spitzen Fingern hochgehalten und landet auf dem Boden. Manches ist dann doch einfach zu unappetitlich. Und es kommt ja noch so viel auf den Ramsch-Resteverwerter Nitschke zu, es gilt, Kräfte für den Kampf gegen die Kulturbanausen zu sparen. Schließlich ist dies schon das dritte Bestsellerfressen“ – mit dem schönen Nachsatz:
„Das Elend hat kein Ende.“

 

„'Buch des Monats': Was Sie nicht lesen sollten”
(„Wilhemshavener Zeitung”, 26.05.01)

Von Martin Wein

Wer soll das alles lesen? Die Memoiren von Wolfgang Schäuble, Joschka Fischer, Monica Lewinsky oder Dagmar Berghoff, die Welterklärungsversuche von Franz Alt oder dem Dalai Lama und dann noch die „Glücksmargerite” von Norbert Blüm.

Wer im anschwellenden Markt populärer Sachbücher up to date sein will, hat ein erhebliches Pensum zu bewältigen. Im Kreis der Möchtegern-Literaten wird der Interessierte dennoch nur selten lesenswerte Perlen entdecken. Der Kabarettist Wolfgang Nitschke vom Kölner „3Gestirn” – bekannt aus den Auftritten im Wilhemshavener „Pumpwerk” – verrät im zweiten Band seines „Bestsellerfressens” erneut, welche Bücher getrost in den Regalen der Händler verrotten können.

Respekt vor Rang und Namen kennt Nitschke nicht. Mit triefendem Spott überschüttet er die heuchelnden Weltverbesserer und die geschwätzigen Wichtigtuer. Manchmal trägt er etwas dick auf und überschreitet die Grenzen des guten Geschmacks. Doch kein Auge bleibt trocken, wenn Nitschke die Autoren bei ihren eigenen Zitaten packt und diese gnadenlos aus den gestylten Buchdeckeln hervorzieht..

„Wir leben im Fruchtwasser der kosmischen Gnade”, zitiert er auch Franz Alts „Ökologischen Jesus”, worin es weiter heißt: „Dieses Bild zu meditieren, bewirkt in und eine tiefe Fröhlichkeit und liebende Lebendigkeit.”

Auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping muß sich vorwerfen lassen, sein Jugoslawien-Buch „Wir dürfen nicht wegsehen” nicht eben sorgfältig verfasst zu haben. Nitschke ertappt ihn hiermit: „7. April: Jetzt sind schon 750 000 Menschen auf der Flucht.” A. 11. April schreibt Scharping: „Jetzt sind schon 600 000 Menschen auf der Flucht.”

Verraten sei auch, wie der Autor Monica Lewinsky als hysterische Heulsuse charakterisiert. Er zählt schlicht die Textstellen ihrer Biographie, in denen sie in Tränen ausbricht. Es sind 35. Die Rezension von Rita Süssmuths Pamphlet „Wer nicht kämpft, hat schon verloren” überschreibt er schließlich mit dem doppeldeutigen Wunsch „Mehr Dienst wagen”.

Derart angespitzt werden andre Rezensenten ihre Feder kaum führen. So wird selbst die „Glücksmargerite” zum Lesevergnügen.

 

„Bestsellerfressen II - Es ist angerichtet ”
(„Deutschlandfunk”)

Von Walter van Rossum

Man darf der deutschen Buchkritik im Großen und Ganzen ein hohes Niveau bescheinigen. Schriftstellerische Eleganz und exquisite literarische und wissenschaftliche Kenntnisse ergänzen einander aufs Trefflichste. Doch damit sich diese Kunstfertigkeit nur am würdigen Gegenstand beweist, scheint es eine Art Übereinkunft zu geben, daß als Buch nur zählt, was sich auf dem Höhenkamm abendländischer Geistproduktion bewegt.

Das führt allerdings zu der merkwürdigen Situation, daß in den zahlreichen Besprechungen meist nur Produkte einer Minderheit für Minderheiten Beachtung finden. Während die Drucksachen, von denen die Branche wahrscheinlich lebt, kaum zur Kenntnis genommen werden, besonders eben die so genannten Bestseller.

Irgendwann ist der Kölner Kabarettist Wolfgang Nitschke auf diese Marktlücke aufmerksam geworden. Seitdem darf man ihn getrost als Erfinder eines neuen, dem neu entdeckten Gegenstand angemessenen kritischen Tonfalls würdigen:

(Es folgt O-Ton Nitschke über Helmut Schmidts „Auf der Suche nach einer öffentlichen Moral”)

Bevor Wolfgang Nitschke auf den Altbundeskanzler stieß, entdeckte er die Memoiren des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Bekanntlich präsidierten sie monatelang die Bestsellerlisten, doch erstaunlicherweise wurden sie kaum rezensiert, allenfalls mußte man Grußadressen auf diplomatischem Niveau lesen. Nitschke aber entdeckte in diesen Memoiren eine Bibel deutscher Lebenslügen, ein Hauptwerk radebrechender Staatsmannsprosa und ein Lehrbuch humanistischer Heuchelei. Das deutsche Feuilleton, das so gerne wilde Debattenthemen erfindet, war entweder zu vornehm oder zu feige, sich dieser Manifestation der allgemeinen Gesinnungslage anzunehmen.

Und so geht es auch den vielen anderen Machwerken aus der Feder von z.B. Wolfgang Schäuble, Alice Schwarzer, Gräfin Dönhoff, Guido Knopp oder einer Dagmar Berghoff. Wahrscheinlich verlören die kritischen Gralshüter alteuropäischer Schriftkultur auf der Stelle den Glauben bei der Wahrnehmung der massentauglichen Vernunftproduktion unserer Tage. Da mußte erst einer wie Wolfgang Nitschke kommen, der sich unerschrocken in die Niederungen der gedruckten Laberkultur abseilt.

1999 veröffentlichte er die erste Folge seines Bestsellerfressens und wäre beinahe selbst zum Bestseller geworden. Soeben erschien die Fortsetzung, und man muß dem Autor sogar Fortschritte in der Kunst fieser Völlerei bescheinigen, wenn er neue Schriftsteller des Grauens serviert:

(Es folgt O-Ton Nitschke über Jürgen Flieges „Menschenflüsterer”)

Es scheint, Wolfgang Nitschke macht keine Gefangenen. Er haut gewaltig drauf. Andererseits kann man die Geschmacklosigkeiten und Dummheiten eines Jürgen Fliege schlecht vornehm analysieren, ohne den TV-Pfarrer zugleich aufzuwerten. Nitschke begibt sich mit Lust ins Handgemenge, allein um zu zeigen, daß man nicht studiert haben muß, um in Jürgen Fliege einen erbärmlichen Schriftsteller und hohen Priester der Verdummung zu entdecken. Nitschke zeigt bloß, wie gesund der Menschenverstand sein kann, wenn man nur davon Gebrauch machte. Es bedarf keiner elaborierten Argumentationsketten, um der obszönen Massenhaltung der Vernunft in widerwärtigen Buchkäfigen auf die Spur zu kommen. Allein warum befreit sie denn keiner daraus?

Wahrscheinlich sind wir schon alle viel zu sehr trainiert im Ertragen der Schlaumeiereien von Politikern und Leitartiklern. Nitschke definiert frische Schmerzgrenzen. Und nachdem wir viel gelacht haben, geraten wir auch noch ins Grübeln. Daß Jürgen Domian im Gespräch mit der schweren Hella von Sinnen pausenlos Peinlichkeiten produziert, ahnten wir, doch in welchem Maße dieser lebensberatende Scharlatan schier kriminellen Quatsch zu Protokoll gibt, das verstehen wir erst durch Nitschkes Art der Bestsellerverdauung.

Ebenso macht er sozusagen im Klamauk klar, daß wir hinter Franz Alt Schlimmeres vermuten dürfen als den niveaulosen Amateurhumanisten, als den er sich in seinen Büchern auszeichnet. Und auch die Werke des Dalai Lama predigen was ganz anderes als pazifistische Meditationen. Irgendwie scheint das nie jemand so genau gewußt haben zu wollen.

Nitschkes Bestsellerfressen bietet mehr als Lachstrafen für ein paar berühmte Doofe, nichts wäre ja auch langweiliger als Brutalhäme in Serie. Doch gerade wenn man das „Bestsellerfressen” am laufenden Buchmeter betreibt, erhält man einen ziemlich bleibenden Eindruck von der ganz normal schwachsinnigen Ideologieproduktion unserer Gesellschaft, wie sie sich etwa in der Gesinnungsprosa einer Rita Süssmuth Bahn bricht:

(Es folgt O-Ton Nitschke über Rita Süssmuths „Wer nicht Kämpft, hat schon verloren”)

In jedem seiner 27 kurzen Verrisse schafft Wolfgang Nitschke es, aus dem konkreten, schiefen Detail die ganze dazugehörende schiefe Welt zu erschließen. Mit dem Lärm der Hanswurstiade tarnt er seine Kunst, aber wer sonst schon könnte die Kindergeschichten des ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm fast nur durch bloßes Zitieren in irrwitzigen fünf Minuten als Schauerprosa eines schrecklichen Hirns begreiflich machen?


Kritiken in Gänze zu Nitschke, Alich, Ohm

„Mit Messner auf den Satire-Gipfel” (Kölnische Rundschau, 01.04.99)

Von Brigitte Schmitz-Kunkel

Endlich: wovon der normale Literaturkritiker nur zu träumen wagte und was sich selbst Marcel Reich-Ranicki nur in unumgänglichen Ausnahmefällen erlaubt, zieht Wolfgang Nitschke durch bis zur allerletzten Konsequenz. ”Bestsellerfressen – eine literarische Schlachtplatte” nennt der Kabarettist (3Gestirn) seine kleine Lesung.

Auf dem Operationstisch lagen am Dienstag in der Mayerschen Buchhandlung zehn Sachbuch-Bestseller aus dem Jahr 1998. Nitschke nimmt sie alle auseinander. Zum Beispiel die Autobiographie des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. „Vier Zeiten” heißt sein Werk, und für Nitschke ist die „835 Gramm schwere Worthülse die unappetitlichste Selbstvergottung, die jemals zwischen zwei Buchdeckel gewürgt worden ist.”

Warum er das denkt, legt der Rezensent Nitschke messerscharf ziseliert vor und bedient sich dabei auch noch einer grandiosen Mimik. Ob Helmut Schmidt oder Isabel Allende, die „Kaltmamsell aus der 3. Welt” mit ihrem „Brutzelbuch” für verliebte Köche – Nitschke krittelt und seziert, bis Hohlheit, Verlogenheit, nationales Gewölk oder eitle Selbstüberschätzung gnadenlos freigelegt sind. Günter Oggers „Bibel für ausgerastete Kleinbürger” mit dem Titel „Absahnen und Abhauen” kommt ihm da vor wie „das Protokoll einer geselligen Runde, in der sich Konrad Lorenz, Möllemann und die halbe Rote Armee Fraktion die Kante gegeben haben”.

Zur Einstimmung in diese und zur Abrundung manch anderer „Besprechung” tritt als Verstärkung neben Wolfgang Nitschke noch Norbert Alich vom Bonner Pantheon an, der mit dem Pianisten Christoph Eisenburger kleine Lieder beiträgt – zum Beispiel das schmissige „Adorno hatte Recht – die Welt ist schlecht”.

Obwohl man es Nitschke und sich selbst gegönnt hätte, kommen die beiden Verrisse von „Frauenbüchern” erstaunlich harmlos daher. In Alice Schwarzers Biographie von Romy Schneider ärgert ihn hauptsächlich die „gradezu triebhafte Interpunktion” der Autorin, Ute Ehrhardts Lehrwerk für böse Mädchen entläßt er auch recht bald – „warum persönlich werden, wenn das Buch schon ausreicht”.

Dafür erklimmt der Rezensent die höchsten Bergregionen kabarettistischer Qualität schwerelos mit Reinhold Messners Yeti-Entdeckungsbuch. Der schlimmste Verriss erübrigt sich, wenn der Autor selbst spricht: „Wenn wir auch nicht daran glaubten, so waren wir doch fest davon überzeugt, den Yeti zu finden.”

Fazit: Die Literaturkritik nach Nitschke kann eigentlich nie mehr die gleiche sein. Noch einmal der Meister selbst: „So weit – so Sachbuch. Gute Nacht.”

 

„Festmenü mit '288-seitiger Hühnerkacke'” (WAZ, 19.09.00)

Von Ingo Plaschke

Moers. Das Festmenu a la Wolfgang Nitschke zum 25. Geburtstag der Zentralbibliothek mundete vorzüglich. Der Kölner Kabarettist servierte dem lachhungrigen Publikum auf seiner literarischen Schlachtplatte Sachbuch-Bestseller der jüngsten Vergangenheit. Frass sich in einer wortwitzigen Orgie Seite um Seite durch sinnleere Redewendungen und schaurig-schwulstige Verbalverrenkungen. Exquisit, seine Entlarvung der vermeintlich hochintellektuellen Schriftküche.

Liebe geht bekanntlich durch den Magen. „Wiederkäuer” Wolfgang Nitschke (3Gestirn Köln Eins) verbindet eher eine Art Hassliebe zu all jenen dicken Wälzern. In der Regel angepriesen als feinscheckerischer Leseschmaus, entpuppen sich die Werke beim Bestsellerfressen als schwerverdauliche Schwarten, die nur so von flachgeistigen Worthülsen triefen.

Auf dem Speiseplan standen Autoren, „die kein Schwein liest, aber jeder gerne verschenkt”, wie der stimmgewaltige Conferencier des brilliant-bissigen Abends, Norbert Alich (Bonner Pantheon), süffisant zur Einführung anmerkte.

Mit scharfer Zunge, neben der selbst Kritikerpapst Marcel Reich Ranicki zu einem mundfaulen Vorkoster verblasst, löffelte der Fünf-Sterne-Rezensent aus der Domstadt die Buchstabensuppe aus, die ihm seine Opfer eingebrockt hatten. So bekamen Richard von Weizsäcker( „esoterisches Rumgekleckse”), Helmut Schmidt („langweiligstes Buch seit Erfindung der Höhlenmalerei”), Alice Schwarzer („Gossen-Boulevard”), Isabel Allende („Ethno-Schwank”), Norbert Blüm („Minister auf LSD”), Jürgen Domian („sagenhafter Nerv- und Sülzsack”) und der Dalai Lama („288-seitige Hühnerkacke”) ihr Fett weg.

Zwei Stunden und zwei Zugaben später hatten sich das literarische Terzett und sein Publikum satt gelesen. Ein Blick ins Jübiläumshaus genügte. Die Regale dort stehen voll von bestsellerischen Albernheiten höchster Stilblütenkunst. Mahlzeit.




Kritische Kritiken –
Zur Kritik der kritischen Kritik

Meine Lieben!

Es ist ja allgemein üblich, die eigene Website von unerfreulichen Stimmen zu säubern.
Da ich aber froh bin, in einem Land zu leben, in dem wenigstens ich die Pressefreiheits-Fahne hochhalte (auch wenn sie in den meisten Fällen riecht wie Adi hinten ganz unten), gibt’s hier das „Freie Forum Deutscher Dünnpfiff”.

Die schönsten Nummern werden dann in dieser Rubrik landen und in Bits & Bytes gehauen. D.h. wenn das Volk mir fleißig seinen Müll mailen tut, tu ich den dann hier auch umgehend reintun.

 

Post von Jürgen Höller

Am Montag, dem 20. 12. 2004, ereilte mich eine einmalige mail aus der Hölle. Ohne Anrede sprudelte es los:

Ich habe gerade durch Zufall Ihre Kritik über mich gelesen.
Nun tut Kritik immer weh - Ihre Kritik jedoch prallte merkwürdigerweise an mir ab.
Dazu war sie zu polemisch, zu bösartig, zu übertrieben.

Was ich fühlte war Mitgefühl mit Ihnen. Denn was muss in Ihnen für eine Leere sein, dass Sie versuchen mit solcherart Kritik, von Ihnen auch noch Kabaret genannt, Ihr Geld zu verdienen?

Und was muss in vielen Menschen eigentlich in ihrem Leben passiert sein, dass sie Ihnen auch noch begeistert recht geben.

Sie sind wahrscheinlich sogar erfolgreich mit Ihrem Tun - und dennoch tun Sie mir leid, dass Sie solch' armseliges Leben führen.

Und so, wie ich Sie einschätze; werden Sie sogar noch diese Zeilen wieder verwenden ...

Unbekannterweise wünsche ich Ihnen über die Feiertage neue Einsichten und Erkenntnisse.
Herzliche Grüße
Jürgen Höller

PS: Leider liegen Sie auch inhaltlich daneben: Tjakaaa stammt nicht von mir !!


Ach, Jürgen, mir fehlen die Worte.

Aber falls anderen was einfällt ...
Hier die e-mail-Adresse von dem Jürgen:
jh@juergenhoeller.de

Denn im Gespräch bleiben is' doch alles. Oder?
Tschaka, tschaka !
(Wegen mir auch: Tjakaaa !)

 

Post vom Dalai Lama (also quasi vom Dalai Lama)

Ein Kölner Weltgeist der besonderen Art schrieb mir z.B. am 6.3.2001:

„Lieber Wolfgang Nitschke,

habe die Rezension zu Ihrem neuen Buch im Kölner Stadtanzeiger v. 03.03.01 gelesen.

Normalerweise bin ich für jeden noch so herben Spott zu haben und durfte seit vielen Jahren Ihre Beiträge in der Stunksitzung und im 3Gestirn mit großem Spaß verfolgen.

Was mir sauer aufstößt, ist jedoch die Bezeichnung „Doofmütze”, die Sie für Tenzin Gyatso benutzen (besser bekannt als der „14. Dalai Lama” – ein Ehrentitel, der soviel heißt wie „Ozean der Weisheit”). Darf ich dies wie folgt begründen:

1.: Ich weiß nicht, wie intensiv Sie sich mit dem tibetischen Buddhismus und der besonderen (weltl. und geistllichen) Rolle des Dalai Lama beschäftigt haben; jedenfalls kann ich Ihnen versichern, daß ich nach einem Besuch in Dharamsala (300 km nordwestlich v. Dehli/Indien, Sitz der tibetischen Exilregie-rung) sowie der Teilnahme an einer Audienz beim Dalai Lama schwer beeindruckt war von seiner Bescheiden-heit, die gepaart ist mit Wortwitz, Selbstironie und sozialem Engagement. Als Mensch ist er schon etwas Besonderes. Und als geistliches Oberhaupt von 7 Millionen Tibetern, Mongolen und anderen Völkern hat er eine einzigartige Bedeutung, nicht nur für eine Sekte oder eine kleine Gruppe von Menschen. Bitte beleidigen Sie sich doch nicht Menschen, deren religiöse Tradition Ihnen fremd ist. Seien Sie froh, daß unsere Welt so vielfältig und „bunt” ist (das beziehe ich im Sinne des Wortes auf die „Gelbmützen”).

2.: Als professioneller Übersetzer weiß ich nur zu gut, wie schwer es ist, philosophisch-religiöse Texte stilsicher und verständlich von einer Sprache (und einem Kulturkreis) in eine andere Sprache und einen völlig anderen Kulturkreis zu verpflanzen. Da mögen dann die eine oder andere Stilblüte und unfreiwillig komische Sätze entstehen, die aber sicher nicht dem Autor anzulasten sind. Bedenken Sie, daß die meisten von Tenzin Gyatso verfaßten Texte sogar 2x übersetzt wurden (Tibetisch–Englisch-Deutsch).

3.: Derzeit lese ich ein sehr interessantes Buch, das absolut spannend, gut und witzig geschrieben ist: Mick Brown, The Spiritual Tourist – A personal odessey through the outer reaches of belief.

Darin werden allerlei (insbesondere indisches) Gurus und Religionsführer (auch der Dalai Lama) sehr achtsam und zugleich ironisch distanziert, jedoch nie verletzend auf die Schippe genommen.

Nichts für ungut und freundlichen Gruß

(Unterschrift mit Adresse)”


(auch abgedruckt, weil’s so niedlich war, im Booklet zur „Bestsellerfressen” - CD)

 

Post vom Staatsanwalt

Ein weiterer Komiker aus der selben Fraktion erstattete im Sommer 2000 bei der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg Anzeige wegen „Volksverhetzung” aufgrund der Lama-Nummer „Buddha bei die Fische” aus „Bestsellerfressen II”.

An dieser Stelle möchte ich nun diesem großen Verteidiger des tibetitanischen Mummenschanzes zu rufen: Hat sich was mit „Volksverhetzung”!

Mit Verfügung vom 15.5.2001 gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung hat nämlich die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg das Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingestellt.
Und ich muß ehrlich sagen:
Ich find es eigentlich schade. Wär bestimmt lustig geworden.

Andererseits:
Mit hochrichterlicher Genehmigung darf weiter frei weg aus der Leber posaunt werden:
„Bitte beizeiten das Buch von Colin Goldner 'Fall eines Gottkönigs' kaufen ... und dann den erstbesten Lama, der einem über den Weg schlufft, in einem lieblichen Ozean aus Milch und Honig blasenfrei und rückstandslos ersäufen. Buddha bei die Fische!”

 

Post an die „Junge Freiheit”

An die
"Junge Freiheit"
Verlag GmbH & Co.
Hohenzollerndamm 27a
10713 Berlin

Köln, 27.6.2001

Sehr geehrte Herren ..., nein,
Ehrenwerte Herren von ..., näh,
scheiße, wie redet man euch Arschgeigen eigentlich an?
Ach ja!
Heil Himmler, ihr Scheißhausfliegen!

Nicht, daß Ihr glaubt, ich hätte eure über eine ganze Seite erbrochene Lobeshymne in eurer Wochenwixe "Junge Freiheit" nicht mitgekriegt! (Man hat halt so seine Informanten!)
Nicht, daß ich glaube, ihr wärt es wert, daß ich euch deswegen mit einem Brief beehren müßte!

Es ist einfach nur so:
Erstens: Wenn die Hälfte der Zitate frei erfunden sind, möchte ich das wenigstens an dieser Stelle etwas grade rücken.
Zum Beispiel, liebe Goebbels-Wiedergeburten, habe ich folgendes weder jemals geschrieben, noch gesagt, noch gedacht:

„Lyrik, Epigrammatisches, Aphorismen – diese ganze Gedichtsdichterei, ließ sich durch bessere Ernährung oder rechtzeitige Einnahme geeigneter Abführmittel leicht verhindern. Versemacher sind arme Willis oder verklemmte Lillys, die regelmäßig schön vögeln sollten, dann brauchten die keine laberigen Verse mehr zu kritzeln.

Das gleiche gilt für die Abfasser von Dramen fürs Stadttheater: Das geht auf keine Kuhhaut, was da von der Rampe auf uns Steuerzahler runterkommt. Da gibt es erst Ruhe, wenn der letzte Schauspieler an den Gedärmen des letzten Intendanten über der letzten Dramaturgin aufgehängt wurde, die sich soeben die Pulsadern öffnet.”

Es ist mir reichlich schnuppe, daß Ihr euch auf meinen Texten einen runterholt.

("Solcher Klang bringt freie Geister in gehobene Stimmung; er eignet sich, am gescheuerten Eichentisch, unter dem Gerstensaft zusprechenden Burschen, beim Kraftzug aus schäumendem Krug dem Auditorium laut tönend vorgelesen zu werden." Oder : „Das ist so komisch, das muß man sich kaufen, mit zwei, drei Flaschen Ahrweins, und im Kampfanzug lesen.” Usw. usw.)

Aber zweitens: Wenn bei der Eingabe meines Namens in die Internet-Suchmaschine "Lycos" an dritter Stelle euer Artikel zu lesen ist, d.h. ihr auf diese Weise suggeriert, ich wäre damit einverstanden, für eure Bekloppten-Postille Werbung zu machen;
wenn man weiß, daß Ihr nur zu gerne Leute umarmt, die ihr unter anderen Umständen standrechtlich erschiessen würdet;
wenn die Leser der "Lycos"-Website nicht wissen können, daß Ihr für diesen Artikel mit mir aber auch nicht eine Sekunde gesprochen habt, aber darin so tut, als ob;
dann will ich zumindest hier kundtun:
Sammelt ruhig weiter eure nützlichen Idioten! Ich gehöre nicht dazu!
Und zählt mal eure lockeren Schrauben!

Schönen Tag noch

gez. Wolfgang Nitschke

P.s.:
Und tut doch nicht so, als hättet ihr auch nur eine einzige Frau in der Redaktion. "Jutta Winckler"! Daß ich nicht lache! Extra-Gruß an das Männeken, das sich hinter "Jutta Winckler" versteckt.

Im übrigen, Jungs, wißt ihr nicht mehr, was euer heißgeliebter Führer ‘34 mit Obertunte Ernst Röhm et al. praktiziert hat?
Ich meine nur: Irgendwann kommt alles raus.

Ach, und noch was:
Fickt euch!

Im Namen des Volkes

Leserbrief einer Anne Fieberg-Gräf an den „Bonner General-Anzeiger“

„ ... und er stieg auch gleich mit „einer guten Nachricht“ ein: „Priestermangel verschärft sich“. Eine entlarvende Bemerkung, die aber nur die unterste Sprosse der Leiter seiner Geschmacklosigkeiten darstellen sollte. Denn im Laufe des Programms übergoss er dann die Person Kardinal Meissners mit einem Kübel voll Schmutz und Unrat. Da half es auch nicht, dass die ein oder andere Platitüde stilistisch gut formuliert war. Er war sich auch nicht zu primitiv an dieser Stelle noch einen Schlenker zu homosexuellen Assoziationen einzubauen (womit hat diese Gruppe es verdient, bevorzugt der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden?).

Kabarettisten, die mangels anderer Einfälle das in den Schmutz ziehen, was anderen heilig ist, haben diesen Titel nicht verdient. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit war erreicht, als Nitschke den Dalai Lama, Adolf Hitler und Pol Pot in eine Reihe stellte. Massenschlächter wie Pol Pot und Hitler, die Millionen Menschen auf dem Gewissen haben, in einem Atemzug mit dem Dalai Lama, der stets für Frieden und Gewaltlosigkeit eintritt, zu nennen, ist schlicht und ergreifend Verleumdung.
An dieser Stelle habe ich den Saal verlassen.

Schade, dass W. Nitschke am Samstagabend nicht im Gottesdienst in Oberdollendorf war. Dort hätte er hören können, wie Diakon Dahmen eindringlich die Gläubigen dazu aufforderte sich besonders den Randgruppen der Gesellschaft wie Drogenabhängigen, Aidskranken etc. anzunehmen. Aber Informationen könnten ja die Vorurteile des Herrn Nitschke in Frage stellen.“

Anne Fieberg-Gräf


Keine Frage, in der Tat, sondern vielmehr Glückwunsch, Frau Anne Fieberg-Gräf!

Abgesehen davon, dass auch Sie „den Dalai Lama, Adolf Hitler und Pol Pot“ in eine Reihe stellen, und Sie sich scheinbar nicht sicher sind, wer Ihnen denn nun heilig sein soll - der Kölner Kardinal, Ihre Homosexuellen und seine Aidskranken, muß Ihr Oberdollendorfer Scherzpotential aber noch ’ne Ecke himmlischer sein: Meisner mit ss zu schreiben! Mein lieber Herr Himmler, da wäre selbst ich nicht drauf gekommen!
Schade, dass der Bonner Generalanzeiger Ihren Leserbrief nicht abgedruckt hat. Na, so hab ich’s halt übernommen.

Gute Besserung, Ihr Herr W. Nitschke