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Nasenduschen mit Nina Ruge

„Das Geheimnis der Selbstheilung“ von Nina Ruge

Im Fall von Nina Ruge, liebe Leser, der flotten blonden Schlüpfermaus vom ZDF-Schlüpfer-Magazin „Leute heute“, muss ich was gestehen: Bei dem Teil hab ich mich völlig ver­griffen! Ja, in echt! Ich hatt's mir ja nicht gekauft, um's zu lesen. Sondern nur für den läppischen Witz:
„Ah, Das Geheimnis der Selbstheilung von Nina Ruge! Interessant! Und warum klappt es bei ihr selber nicht?“ Und danach wollt’ ich 's denn verschenken.
Doch es kam anders.

Nein, nein, nicht dass ich mein Bild von dieser sinnlosen Frau habe korrigieren müssen! Natürlich haben sich auch in diesem Schmonzes wieder die unvermeidlichen Sportsfreunde der Esoterik, der Homopathie und uralten chinesischen Quacksalben versam­melt. Natürlich flattert auch hier alle 3 Seiten ein strammer Vollwert-Yogi mit Hui-Bui und Feng Shui durch die gute Stube und selbstverständlich werden auch hier wieder sämtliche, in Worten: sämtliche schon vor 5000 Jahren wegen offensichtlicher Erfolg­losigkeit verschüttete sog. „wissende Weisen und Heilkundi­ge“ noch mal ausgebuddelt. Und vor allen Dingen Hildegard von Bingen.
Nein, bei Ninas Geheimnis um die Selbstheilung geht’s in erster Linie nur ums „Immunsystem, um Viren und Bakterien, um Schimmel­pilze und feuchte Wände, um Antikörper, mehrfach hungrige Fettsäuren, Enzyme und frische Salate, um Power-Food und Killerzellen“ und um ihre ganz persönliche „Beschleunigung der Darmentleerung“.
Et ist also ein stinknormales Biobuch für die Klassen 1 bis 10, Waldorf-schule, und weil es sich im Grunde nur ums Fressen und Verdauen dreht, ein ganz famoses Frauenbuch - angereichert und voll­gespickt mit den neuesten ganzheitlichen Geistesschüben aus der „Psycho-Neuro-Immunologie“, und daher beson­ders leicht bekömmlich für Nina Ruge und alle wissenden Wesen, die so sein wollen wie Nina Ruge.
Ach, und noch was:
Die Nina wäre nicht die Nina, wenn sie in ihr Immun­system nicht noch obendrein so harte Wissenschaften wie „Lachkunde“ mit aufgenom­men hätte! „Lachkunde“ – verstehense?: „Lachen ist gesund,“
lacht die alte Schelmin. „Denn nicht umsonst sind die Comedy-Sendungen im Fernsehen momentan die absoluten Quoten­renner.“ Ja, ich lach mich tot. „Selbst die Darmperistaltik kann sich der ansteckenden Heiterkeit nicht entziehen. Die Ver­krampfungen des Magen-Darm-Traktes lösen sich ...“ Ja, ja,
is jut. So genau wollt’ ich’s gar nicht wissen. „Zudem schaltet sich während des Lachens das Gehirn kurzfristig ab.“ Ja, und den Verdacht hatte ich, ehrlich gesagt, bei Nina Ruge ....aber egal. „Die Mönche einiger japani...“ Jetzt kommen wieder diese Mönche!
„Die Mönche einiger japanischer Klöster be­ginnen den Tag, indem sie sich vor einen Spiegel setzen und ihre Seele mit einem kräftigen Lachen reinigen.“ Ja ja, alles nach dem Motto: Lachen ohne Grund, Krankheit aus Spaß und Brot als Belag.
Usw. usw.

So, nu’ is’ aber Schluss mit dem Stuss! Wir haben es hier, wie schon erwähnt, eher mit einem medizinischen Wälzerwerk zu tun. Meine Damen und Herren! Sie erin­nern sich vielleicht noch an meine obige Überschrift „Nasenduschen mit Nina Ruge“. Und auf diese „Nasenduschen“, auf die wollte ich eigentlich die ganze Zeit hinaus. Denn Nina Ruge ist ohne Nasenduschen praktisch nicht zu verstehn: Kleine Nasenduschen, kurze Nasenduschen, lange Nasenduschen und Nasenduschen „bei möglichen Infekten“ und v.a. „versetzt mit Emser Salz“. Nina sagt Seite 16:
„Die Nase schnäuzen ist höflich, aber ungesund. Es ist sinn­voller, Nasenschleim hochzuziehen.“ Richtig. Und jetzt kommt’s: „Für eine gute Reinigung sorgen aber auch Nasen­duschen, versetzt mit Emser Salz.“ Und nur ’n paar Seiten weiter: „Infekte versuche ich mit pflanzlichen Mitteln zu be­kämpfen sowie
mit Nasenduschen versetzt mit Emser Salz.“

Nina Ruge hat’s nicht leicht, meine Damen und Herren, und nicht nur sehr viel Zeit für Nasenduschen, versetzt mit Emser Salz, sondern auch eine Schwester, die Annette heißt und Ärztin ist. Und die erzählt das hier:
„Da die trockene Luft in der Deutschen Bahn Infekte auslösen kann, sollte man die Nasenschleimhäute feucht halten. Am einfachsten erfolgt das mit Nasensalben. Ansons­ten schwöre ich auf Nasenduschen versetzt mit Emser Salz.“
Und wo wir grad bei dem Thema sind – Dr. med. Lutz Bannasch, Nina Ruges Onkel Doktor sagt:
„Im Flugzeug empfiehlt es sich einen Mundschutz zu tragen. Und weil die Schleimhäute leicht austrocknen, sollten Sie diese feucht halten, indem Sie beispielswei­se Emser-Salz nehmen und Nasensprays verwenden.“ Wie, Nasensprays?
Was ist denn mit den Nasenduschen? Okay, im Flugzeug ... Verstehe.
Im Verlauf ihrer Selbstheilung hat Nina noch andre Nasen heimgesucht; u.a. „die gefragte Schauspielerin und ausgebildete Yogaleh­rerin Ursula Karven“. Dat is irgend so'ne gefragte Schauspielerin und ausgebildete Yogalehrerin. Und die erklärt:
„Bakterielle Infekte des Nasen- und Rachenraumes lassen sich wunderbar mit Nasenduschen bekämpfen. Versetzt mit Emser Salz." Und fügt hinzu: „Ich hab mir das alles von den Yogis abgeschaut.“ Na, prima.
Enttäuscht hat mich dagegen die xxxxxfache Weltrekordschwimmerin Sandra Völker mit ihrer Einlassung:
„Durch die Nase atmen und etwa fünf Minuten lang abwech­selnd ein Nasenloch zuhalten.“ Gut, andererseits: Wer so viel im Wasser ist ... was braucht der noch Nasen­duschen?

Meine Damen und Herren,
„Das Geheimnis der Selbstheilung“ kann hiermit also quasi als gelöst betrachtet werden. Praktisch wie Nasenschleim, den man am besten durch ... Sie wissen schon.
Doch mit Jan Ullrich kam noch einmal Spannung auf. Unser aller Doping­experte, Eigenblut- und Rennradprofi, äußerte sich im Interview mit Nina folgendermaßen:
„Du kannst nicht immer nur vom Körper nehmen – du musst ihm auch was geben.“ Moment! Einen Augenblick, meine Damen und Herren! Der Jan meint das nicht so. Der meint das ganz anders, nämlich so: „Wenn ich zum Beispiel bei Temperaturen um die 4 Grad Celsius Pässe bewältigen muss, trocknen schnell die Nasen­schleimhäute aus. Da helfen tägliche Nasenduschen versetzt mit Emser Salz.“

Liebe Leser, wissen Sie, welches Wort ich irgendwann echt nicht mehr lesen konnte? Hm? Jedenfalls war ich am Ende des Buches krank und hatte dringend Hilfe nötig. Und da traf es sich gut, dass es auf der letzten Seite den Anhang gab: „Bücher, die weiterhelfen“. Und was, ja was mussten meine armen, vertrockneten Augen erblicken? Ich wollte es erst nicht glauben, aber da stand u. a. – so weit ich mich erinnern kann:
„Bad Ems – Die wunderbare Stadt an der Lahn“
Und wenn ich mich nicht irre, sogar mit dem Untertitel „Versetzt mit Emser Salz“

Jul. 2006
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