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Jesus, hasch mich!

„Bekenntnisse“ von Nina Hagen

Meine Damen und Herren!
Ich geh einfach mal davon aus, dass Sie mit mir darin über­einstimmen, dass die Frau eigentlich immer schon ein bisschen balla-balla war. Und wenn nicht ein bisschen balla-balla, dann doch wenigstens relativ me- schugge. Oder hochgradig plemm-plemm. Is auch nicht weiter schlimm. Konnten ja alle Beteiligten gut mit leben.
Nu ist aber Frau Hagen vor kurzem noch einen Schritt weitergegangen – und zum Christentum übergelaufen! Halleluja! In Schüttdorf, einem ganz flachen Haufendorf im ganz, ganz flachen Niedersachsen, hat se sich von einem ähnlich gestrickten evangelischen Bimbam taufen lassen und dann konsequent überlegt, auf welche Art se wohl dem interessierten Universum, all ihren Fans und dem Rest von Flora & Fauna mitteilen könnte, wie ihr neuer Vogel denn jetzt so piept. Per Telepathie, Telefon oder Telechinese … oder ganz nor­mal mit Ommommomm – alles wär ja drin gewesen. Aber nein, es musste unbedingt 'ne komplette Autobio- graphie sein. Und hier, hier hammer se! »Bekenntnisse«!
Ich darf mal kurz, ja? O-Ton Nina Hagen:
»Seit meinem 17. Lebensjahr trage ich das Bild von Jesus im Kopf, aber nicht nur sein Bild, sondern vor allem seine Liebe. Wenn du einmal die Gnade hattest, seine Liebe zu erkennen – dann wirst du Jesus immer wieder an seiner Liebe erkennen! So eine Liebe ist das, so unvor­stellbar groß! Ja, ich bin ein Teil seiner großen Liebe. Und Jesus wollte, dass ich diesen Weg der Liebe gehe. Denn er liebt mich mit seiner ewigen Liebe, die keinen Anfang und kein Ende kennt.«
An der Stelle hab ich gedacht. »Mein lieber Herr Gesangsverein! Det jibt's doch gar nich!« Aber dann las ich weiter:
»Jesus sieht mich mit seiner ewigen Liebe. Er blickt mich mit un­endlicher Liebe an. Denn durch seine Liebe werde ich gesund! Yes! Ja, Jesus macht mich gesund! Immer und immer wieder! Yes! Jesus macht mich gesund. Because Jesus is the healer! The doctor! Ja, Jesus ist der Heiler, der Arzt und die Liebe! Ja, ich lieb dich, lieber Jesus! Yeah! I love you forever! Yes, take me to the water!«
»Ja! Bitte, lieber Jesus!« möchte man ihm zurufen. »Mach et! Take her to the water!« Hat er aber nich gemacht, der liebe Jesus! Jedenfalls nicht richtig.
Meine Damen und Herren,
die Tochter von Nina Hagen, die arme Cosma Shiva, hat uns vor einiger Zeit auch was mitgeteilt, und zwar: »Meine Mutter ist ein Paradies­vogel, der die Welt verbessern will. Das Blöde ist nur, dass sie sich immer sooo verrückt ausdrückt, daß die Leute nicht richtig zuhören und dann denken, sie würde spinnen.«
Okay, wenn dat so ist, dann wolln wa mal genauer zuhören. Bitte schön:
»Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott. Ich bin so dumm. Ich weiß nichts als die Liebe. Das ist meine ganze Wissenschaft. Aber ich glaube fest daran, dass ich eine mission habe, die ich in die letzten und verlassensten Winkel unserer kal­ten Welt tragen soll: Dass Gott nämlich die Liebe ist und uns wirklich liebt! Jesus brachte uns die gute Nachricht, dass wir von ihm unendlich und unsagbar geliebt werden. Denn er ist so barmherzig mit unseren Versuchen, Liebe zu erfahren und Liebe zu leben. Und so ist es! Ja, es gibt sie also, die ewige, die göttliche Liebe!«
Sie glauben jetzt sicher, ich hätt das hier alles ausm Zusammen­hang gerissen, ne? Aber dann frag ich Sie: Aus welchem Zusammenhang hätt ich das denn ...?
Egal. Schnell weiter! Damit wir den Faden nicht verlieren:
»Gott hat nur ein Gesetz - das Gesetz der Liebe. Und seine Liebe ist so unglaublich groß! Immer wieder reiße ich die Augen auf, weil ich ihn so sehr liebe, weil seine Liebe so unendlich heilig ist. Und nur in seiner Liebe bin ich wirklich im Leben. Es ist so unsagbar schön, seine niemals endende Liebe zu wissen. Liebe ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Und dass der liebe Gott da ist, erkennt man immer an seiner … Liebe..«
Und dann, meine Damen und Herren, urplötzlich, wie aus heiterem Him- mel, auf Seite 216, kommt se noch auf n anderes Thema zu sprechen! Auf ihre langjährige UFO-Geschichte! Die se aber heute ganz anders sieht! Die sieht se heute nämlich in folgendem Lichte:
»Heute sehe ich mein eigenes UFO-Erlebnis in folgen­dem Lichte: Bei dem UFO-Phänomen handelt es sich um Luft­schiffe, um Lichterscheinungen am Himmel und da­rum, dass Menschen von dämonischen Wesen gegen ih­ren Willen entführt und misshandelt werden. Die UFOs bringen den Menschen nichts Gutes. Sie sind wahrscheinlich gar keine Aliens von fernen Sternen, sondern transdimensionale Dämo­nen und Mächte der Finsternis. Und mit denen will ick heute nüscht mehr zu tun haben.«
Ah ja, oookay. Dann hätten wa das zumindest geklärt. Aber kaum ist das mit den Ufos geklärt, muss auch schon wieder der liebe Gott dran glauben:
»Ja, ich habe ihn an seiner ewigen Liebe erkennen dürfen! Seine Liebe, die meine wahre Heimat ist, durchsonnt meine Seele und mein ganzes Wesen! Er liebt mich, ja, er liebt mich!«
Ich hätte niemals gedacht, dass mir die Liebe noch mal so aufn Sack gehen würde!
»Ja, ich danke Gott so sehr für seine Liebe, die sogar die Mühe nicht scheute, …Achtung! …Jetzt kommt mal was Neues:
… vor 2000 Jahren zu uns auf die Erde zu kommen, um von den Faschisten gefol­tert und gekreuzigt zu werden.«
Äh ...
wie bitte, wie, von wem? Aber komm! Dat is jetzt auch egal. »Ich hab wochen- und monatelang geweint und getrau­ert, bis ich in Gottes barmherziger Liebe Frieden gefun­den habe. Ich danke dir, lieber Gott!«
Ja, bitte. Keine Ursache!

Und dann hat se noch n Brief an Ratzinger geschrieben:
»Lieber Papst Benedikt!
Ich hab Sie so lieb und ich wünsche Ihnen Gottes Liebe und Gottes Segen auf all Ihren irdischen Wegen! Gott hat Sie so lieb! Und Gott hat mich auch lieb! Ich hoffe, wir lieben uns alle sehr! Immer und immer mehr!«

Na, da ham sich ja die zwei Richtigen getroffen! Gottogott, erbarme Dich!
Und von solchen Leuten wie Nina Hagen gibt's heutzutage mehr, meine Damen und Herren, als die Polizei erlaubt. Und die Polizei erlaubt heut­zutage ziemlich viel.
Danke schön!

Vielleicht noch 'n kleiner Nachtrag?
Zwischen all ihren epileptischen Anfällen wimmelt’s natürlich nur so von den üblichen penetranten Bibel­sprüchen. Ein Bibelding nach 'm andern. Nur Matthäus 12, 36 war nicht dabei, ein betörend schöner Vers, der da lautet:
»Ich aber sage euch, dass alle Menschen am Tag des Gerichts Rechen­schaft ablegen müssen von jedem nichtsnutzigen Wort,das sie geredet haben.«
Shalom.

Apr. 2010
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