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Ich hab ihn allen gezeigt!

„Ich hab's allen gezeigt“ von Stefan Effenberg

Liebe Leser!
Ein Geständnis vorweg: Mit Fußball hab ich nix am Hut; oder, sagen wir mal, höchstens so viel wie Bernd Stelter mit Humor. Oder Religion mit Realität, die Bundesbahn mit Pünktlichkeit, Rot/Grün mit irgendwat oder Moik mit Musik. Oder auch die Zukunft des Regenwalds mit ’nem Kasten Krombacher.
Ich finde Fußball auch nicht besonders witzig. Und trotzdem war mir bei der Lektüre von Effenbergs »Ich hab’s allen gezeigt« irgendwie ... ach, äh, sagt man eigentlich auch in diesem Fall »Lektüre«? ... egal, war mir, als wäre ich zumindest auf Seite 62 über einen klei­nen Doppelscherz ge­stolpert:
»Beim FC Bayern zu spielen war schon immer mein Traum, seit ich überhaupt denken kann.«
Gut, daß Arschlöcher am liebsten mit Arschlöchern spielen, ist jetzt nicht der Oberwitz, aber »seit ich überhaupt denken kann,« hat schon was von Bun­desliga.
Egal.
Sie sehen, meine Damen und Herren, Stefan Effenberg ist kein Komiker, der sich hinter Bernd Stelter verstecken muß. Und im Prinzip ahnt man das auch bereits beim 1. Satz seines Elaborates, äh, Ejakulates:
»Sie haben das Buch gekauft. Gut! Denn jetzt halten Sie einen Klassiker in der Hand!«
Ja, ja, is’ klar, einen Klassiker. Einen Klassiker mit zum Beispiel solch klassischen Klassikern:
»Die Todesstrafe ist für mich kein Tabu. Jeder, der ein Kind mißbraucht und umgebracht hat, hat nichts anderes verdient als die Todesstrafe.«
Tja, und so kam es, wie es kommen mußte: Alle, aber auch wirklich alle haben se ihn verrissen, die­sen Top-Klassiker, alle, ausnahmslos alle. Mit Ausnahme vielleicht einer ganz unwesentlichen Minoritäten-Postille na­mens Bild-Zeitung und eines noch unwesentlicheren Sekten-Senders mit Namen RTL. Und natürlich mit Ausnahme von
RTL 2 und Sat 1,
Super RTL und Kabel 1,
Pro 7, QVC und Super VOX,
Viva 1 und Phoenix,
Viva 2 und Kannix,
und ARD und WDR,
MDR und NDR,
BR, HR, SWR,
3sat und Pappsat,
ZDF und Wixdirwat
und weiß der Henker
noch für Sender.

Und so stand der arme »Rübe ab«-Philosoph Effe Effen­berg am Ende ganz alleine da – ganz alleine auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Dann aber kam eine präsidiale Lallqualle in Christuspan­toffeln um die Ecke geschlufft, unser gnadenlose Bruder Rau, das Dalai Drama von Schloß Bellevue! Und siehe da: Der Bundesheiopei war ausnahmsweise außer sich! Doch nur wegen Effes elitärer Ausdrucksart. Denn der Effe
hatte für »ficken«, »vögeln« und »schnackseln« nicht die evangelischen Ekel­begriffe »miteinander schlafen« und »in Liebe vereinigen« benutzt, sondern »plätten«, »pim­pern« und »zureiten« – ein Vorwurf übri­gens, der meines Erachtens nicht ganz nachvollziehbar ist ... vor allem aus dem Munde eines Bun­despräsidenten, dem doch die kulturelle Viel­falt immer ein so großes Anliegen war. Zumal der Effe andere Wörter gar nicht kann.
Und da der Effe sich denken konnte, daß er wegen seines Klassikers wirklich von allen, »aber auch wirklich von allen so was von rasiert« werden würde, krakeelt er schon im Vorwort rum:
»Und die, die mich anschließend kritisieren wollen – kein Problem, wir leben ja schließlich in einer Demo­kratie.«
Na, Gottseidank, wollen wir da rufen, leben wir in einer Demokratie! Denn in so ’ner Diktatur wäre ja die viele, viele vernichtende Kritik, die der Effe überall hat einstecken müssen, gar nicht möglich gewesen.

Liebe Leser!
Als 1996 Franziska von Almsick so naß war und ihr auf die Frage nach ihrem Lieblingsbuch die Antwort »Mein Kampf von ... äh ... Adolf Hitler« mit atütata aus der Wasserbirne sprudelte, da dachte manch einer im ersten Moment an einen Scherz und erst im zweiten Moment: »Na, det soll wohl ’n Scherz sein!« Die allermeisten jedoch sprachen: »Hey, die Franzi, das is ja ’ne ganz, ganz pfiffige: Sich das einzige illegale Ding rauszusuchen, was es gibt – das ist ja schon fast hyperpfiffig!« Und der Rest sagte sich: »Ach, komm, die Franzi. die hat bestimmt nur ‚Mein Kampf’ mit der ‚Hasenschule’ verwechselt. Mit der Ha­senschule von Adolf Hitler.«
Und da sich Geschichte immer nur als Witz wiederholt und gerade so deutsche Sportjournalisten jeden Tag wie die Irren dazulernen, begab sich anläßlich der Präsentation von Effes »Ich hab’s allen gezeigt« folgende kleine Be­gebenheit. Und also wurde Effe gefragt: »Herr Effe, welche Bücher haben Sie eigentlich selbst in der letzten Zeit gelesen?« Woraufhin aus Effes Dummdumm-Geschoß dann dieses schoß: »Dieter Bohlen und die Hitler-Tagebücher!« (Ähm, für die Jüngeren unter Ihnen, meine Damen und Herren! Von diesem Hitler gibt es genauso wenig Ta­ge­bücher wie von Jesus ’n Video. Oder von Kardinal Meis­ner auch nur einen graden Satz. Egal.) In diesem historischen Moment jedenfalls hätten alle andern versammelten Geistesakrobaten die Chance ihres Lebens gehabt, sich still und leise zu verpissen. Aber nix da! Schweiß­füßiger Kameradschaftsgeist ergriff stante platten pedes die Herzen, der journalistische Sportsfreund Oliver Welke kratzte sich kurz im Schritt, hüstelte und flüsterte dem Effe inne Muschel: »Äh, Sie meinen bestimmt die ‚Tagebücher’, die ... äh ... im stern zu lesen waren, ne?« Doch weil Effe nun mal Effe is, ließ er auch in diesem Fall nichts anbraten, zeigte es allen noch mal so richtig, und sein Geist polterte aus dem Effeff ins Mikrophon: »Nee, nee, ich mein’ schon die richtigen Hitler-Tage­bücher!«

Und so wird wohl in der nächsten Ausgabe, in der ver­besserten Fassung seines Klassikers im Anhang stehen:
»Als einziger Bundesligaspieler sah er nicht nur über 100 mal die gelbe Karte,« sondern als einziger Mensch auf der Welt auch die Tagebücher von Adolf Hitler.
Mit andern Worten: Der Mensch, er stammt vom Effen ab.
Gute Nacht.

Jun. 2003
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