Das Tagebuch

16.2.16
It's showtime, Tageshowtime:
„Der Papst in Mexiko“
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau. Heute für Sie im Studio: Hans Wurst.
"Guten Abend, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur Tagesschau!"
„Es waren viele Schritte, mit denen der Papst auf die indigene Be­völkerung zuging. Nicht nur bat er um Verzeihung. Er lobte sie auch für ihr harmonisches Leben mit der Natur.“
Wie soll'n wir das denn jetzt wieder verstehen? Satire? Zynismus? Alzheimer? Nee, Satire kann nich' sein. Sonst hätte der verantwort­liche Redakteur vielleicht leise im Hintergrund noch „Cortez the killer“ von Neil Young laufen lassen … Nein, es ist nichts von alledem. Es ist, um einfach mal bei den Fakten zu bleiben, einfach die berühmte Banalität der ARD! Und so geht's weiter:
„Es ist eine Geste der Versöhnung. Erstmals erhebt die katholische Kirche eine Maya Sprache zur Gottesdienstsprache. Damit erkennt Rom nach Jahrhunderten der Unterdrückung und Missachtung den Wert der indigenen Kultur und Sprache offiziell an. Die Messe, die Papst Franziskus in San Cristobal de las Casas gemeinsam mit vie­len Tausenden indigenen Mexikanern feiert, trägt dem Rechnung.  Lesungen und Gebete werden in verschiedenen Maya-Sprachen vorgetragen, traditionelle Tänze und Gesänge bereichern den Gottesdienst."
Wer jetzt den Übergebungsbeutel nutzen möchte oder gar austreten muss - bitte, meine Damen und Herren, tun se sich kein' Zwang an! Hier kann jeder tun und lassen, waserwill. Und wenn Ihnen irgendet­was spanisch vorkommt: Melden se sich! Übrigens: In dem nächsten Tagesschau-Text wimmelt's plötzlich nur so von Aus­rufungszeichen. Die standen nicht im Original - die sind von mir.
So! Sind alle zurück an Bord?
Dann kann's ja wieder weitergeh'n:
„Die indigenen Völker Mexikos seien systematisch und strukturell verkannt(!) und aus der Gesellschaft(!) ausgeschlossen(!) worden, sagt Papst Franziskus bei der Messe: "Einige(!) haben eure Werte, eure Kultur(!) und eure Traditionen(!) für minderwertig(!) gehalten. Andere(!) haben, gleichsam(!) trunken(!) vor Macht, Geld und den Gesetzen des Marktes(!), euch eures Bodens beraubt(!) oder ihn durch ihr Handeln verseucht(!). Wie traurig(!)! (!) Wie gut(!) täte(!)
es uns(!) allen(!), unser Gewissen(!) zu erforschen(!) und zu lernen
(!), um Verzeihung zu bitten(!)! Verzeiht uns Brüder!""
Vergiss es! Du Knilch!
Du bescheidener Schauspieler, du.

„And I hope that you die
And your death will come soon
I'll follow your casket
On a pale afternoon
I'll watch while you're lowered
Down to your deathbed
And I'll stand over your grave
'Til I'm sure that you're dead“
------- (Masters of war) -------
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