Das Tagebuch

6.7.16
"Macht's gut! Lebt wohl! Und: Passt auf euch auf!"
Ein dialektischer Besinnungsaufsatz
Einleitung:
Kein im Knast sitzender Knacki ist gesetzlich verpflichtet, in seiner Zelle hocken zu bleiben, wenn das Gefängnistor mal aus Versehen sperrangelweit offen steht. Und jeder sich aus dem Staub gemachte Gangster hat nach menschlichen Maßstäben das Recht, lebenslang sich der Rückverknastung zu entziehen und der Polizei, solange es geht, aus dem Weg zu gehen. So simpel wie einleuchtend sind sie, manchmal, die grundlegenden Bestimmungen für eine Gesellschaft, die sich als human begreifen will.
Ich weiß nicht, wie das in andren Ländern gehändelt wird. Aber hier in Deutschland je­denfalls laufen die Hasen traditionell anders rum.
Die FAZ schreibt (so wie alle anderen):
„'Jetzt zieht sich das Netz wirklich enger zusammen', gab sich Nie­dersachsens Innenminister Boris Pistorius Anfang Juni optimistisch. Es sei nur eine 'Frage der Zeit', bis die drei früheren RAF-Terroristen aufgegriffen würden. Mittlerweile hat es auch einen Zugriff gegeben, allerdings waren es nicht die Sicherheitsbehörden, sondern die drei früheren Terroristen, die dabei ihre Hand ausstreckten: Am vorver­gangenen Wochenende beging das Trio nahe Braunschweig aber­mals einen Raubüberfall, und wieder konnten der 61jährige Ernst-Volker Staub, die 57 Jahre alte Daniela Klette und der 47 Jahre alte Burkhard Garweg nach der Tat ungehindert entkommen.“

Hauptteil:
Ein Land also, das es als Ehre ansieht, der im Jahr '67 erfundenen Blockwart- und Denunzianten-Sendung „Aktenzeichen XY“ bis heute die Treue ge­halten zu haben, hat dieser Tage etwas entdeckt, das es in der Tat seit 18 Jahren nicht mehr gibt: die raf, die Rote Armee Fraktion.
Und schon erblühen in allen deutschen Gaulanden wegen 3 irregu-
lär le­benden Linken wieder im rasenden Wahn Verfolgungsgeilheit, Neidgeschrei und Verfolgungsgeilheit.

Schluss:
Wenn dieser Staat im Verein mit seinem Volk für die Behandlung von rund 1 Million Nazimördern auch nur einen Hauch des Engagements gezeigt hätte, mit dem sie zusammen die gnadenlose Vernichtung der paar raf-Männeken betrieben haben, würd' ich sagen … ähm, würd' ich sagen … ähm, ach, hat ja eh keinen Sinn. Und so möcht' ich lieber den Dreien im Untergrund von hier aus zurufen:
„Macht's gut! Lebt wohl! Und: Passt auf euch auf!“

P.s.:
„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank!“
(Bertolt Brecht)
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