Das Tagebuch

28.12.17
„Tag der unschuldigen Kinder“
Höchstwahrscheinlich, meine Damen und Herren, verfurchen Sie gerade Ihr feines Antlitz bei der Lektüre der obigen Überschrift in mannigfaltig' Falten und fragen sich: „Wie? Tag der unschuldigen Kinder? Kenn' ich nich'! Soll dat denn? Oder hab' ich mich verhört oder verlesen?“ Und so wiederhol' ich es für Sie noch mal sehr gerne: „Ja! Tag der unschuldigen Kinder!“
Nun, die Sache ist die:
Die weltberühmte, gnaden-, sieg- und segensreiche, hochverehrte, mächtige, reiz- u. liebevolle und nun wahrlich jedem Vollidioten auf dieser Erde mehr als sattsam bekannte Römisch-katholische Kirche begeht heute wenn nicht feierlich dann doch zumindest erinnerungs­technisch laut selbstgebasteltem Kirchenkalender den, ja, den „Tag der unschuldigen Kinder“.
Aaaah! Jetzt wandern, liebe Brüder und Schwestern, eure Gedanken sicherlich zu den im Laufe der langen, langen Geschichte Millionen und Abermillionen von unschuldigen Kindern, die durch Priester, Pfarrer und Bischöfe …
Aber wahrlich, ich sage euch: Seien wir nicht voreilig! Ja, seien wir nicht ungerecht! Diese Geschichte, sie geht anders. Denn so steht es geschrieben bei Matthäus 2, 1-2:
„Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa gebo­ren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ Usw.
Nette Nummer. Aber was wirklich stimmt: Herodes war wohl echt 'ne fiese Möpp und murkste jeden Rivalen, den er kriegen konnte, aus dem Weg. Und so ließ er - sagt Matthäus - diese Sterndeuter zu sich kommen, befahl ihnen, nach der Babyhuldigung wieder zurückzu­kehren, um ihm die Adresse zu ver­raten, was die heiligen Drei aber nicht taten. Matthäus weiter:
„Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er ließ in Betlehem und der ganzen Umge­bung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte.“
Wieviel das nun genau waren, nun, da sind sich die Wissenschaftler der katholischen Kirche nicht so ganz einig. WikiPedia jedenfalls fasst zusammen:
„Während die griechische Liturgie 14.000 ermordete Knaben nennt und mittelalterliche Autoren bis zu 144.000 Opfer annahmen, spra­chen spätere Theologen aufgrund der anzunehmenden Größe des Ortes Betlehem zu biblischen Zeiten nur noch von etwa sechs bis zwanzig erschlagenen Kindern.“
Und ich als gelernter Hobbytheolog' füge hinzu: Wenn überhaupt.
Und so wollen wir uns jetzt erheben, liebe Brüder und Schwestern, und diesen Festtag, den Tag der unschuldigen Kinder, auch so feiern, wie es sich gehört ...
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