Das Tagebuch

28.11.18
Kurzinfo
Eigentlich weiß man das ja alles. Eigentlich ist man ja gut informiert. Eigentlich. Denn zum Wissen gehört nicht nur das Wollen, sondern auch das Vergessen. Nur manches eben sollte man einfach nicht vergessen.
Worum geht’s?
Asfa-Wossen Asserate, 1948 geboren in Addis Abeba, Äthiopien, Großneffe von Haile Selassie, lebt seit Ende der 60er Jahre in Frankfurt als Unternehmensberater für Afrika und den Mittleren Osten, gilt als einer der besten Kenner des afrikanischen Kontinents und schreibt auch Bücher. Sein aktuelles trägt den Titel
„Die neue Völkerwanderung – Wer Europa bewahren will, muss Afrika retten“.
Sachlich, ausgewogen, illusions- und gnadenlos, kein Diplomaten­gewäsch, kein „Wort zum Sonntag“, kein Kirchenlatein, einfach so simpel, wie es ist. Sehr gut vor allem die Kapitel über den Kolonia­lismus, das Erbe des Kolonialismus und den heutigen Kolonialismus – vor allem für den vergesslichen Europäer.
Nur auf Seite 33 in dem Abschnitt, wo er das unvorstellbare Elend der Flüchtlinge in den Lagern beschreibt, bin ich über einen Satz etwas gestolpert:
„Ihre Füße mögen noch im Camp sein, ihre Köpfe sind bereits jenseits von Afrika. Sie sehnen sich nach einem sicheren Ort, an dem sie sich ein Leben aufbauen können.“ Achtung, jetzt kommt's: „Und wer könnte ihnen diesen Wunsch verdenken?“
Nun, sehr geehrter Herr Asserate, ich kenn' im Moment nicht die aktuellen Zahlen. Aber ich geh mal davon aus, dass man getrost behaupten kann, dass in etwa, pi mal Daumen, plus minus egal, also so ziemlich alle … alle Europäer ihnen diesen Wunsch verdenken werden. Oder kennen wir mehr als eine Handvoll Leute, die dem Credo der Vereinten Nationen, der „Allgemeinen Erklärung der Men­schenrechte“ zustimmen würden, wo es heißt:
„Alle Menschen sind frei
und an Würde und Rechten gleich geboren“?
Nee, ne? Sehense.
zum Tagebuch