Das Tagebuch

16.12.19
Das Schwein bestimmt das Bewusstsein
Die heißgeliebten Gossenblätter – sie selber bezeichnen sich lieber als Boulevard- oder Yellow-Presse, seit einiger Zeit auch digital/viral unterwegs und erfolgreich wie früher nur die Pest wie zum Beispiel 'Tag24' aus dem Stall Neven Dumont - sind für den Sprachschatz und die Leitkultur der Deutschen als auch den neuen Umgangston untereinander nicht gerade unverantwortlich. Wenn irgendwer beim Zertrümmern der zarten Pflanze Zivilisation an vorderster Front steht, dann die.
Is auch wurscht! Was ich sagen wollte:
'Der Tag24 – Ausgabe Dresden' tickert heute diese Nummer hier:
„Dresden Crime
Fiese Attacke auf Flüchtlingsheim für Kinder in Dresden“
So, so. Dresden crime ... fiese Attacke ... Interessante Wortwahl für Bürgeraktionen, bei denen Tote billigend in Kauf genommen werden ...
Ist das jetzt schon Faschismus? Oder halt nur 'ne flotte Schreibe? Oder ist's gar die berühmte, anschwellende Volkspoesie? Bin mir da nicht so sicher. Wahrscheinlich alles dreie zusammen, kurz & bündig: flotter, poetischer Volksfaschismus. Wobei unsere 'Tag24'-Drecks­redaktion Dresden eine solche Sicht natürlich weit von sich weisen würde. Egal.
Aber is so! Denn wenn besorgte Dresdener Bürger mit ihrer offe­nen Schwäche für die deutsche 'Fliegenschiss'-Geschichte nachts in der Dunkel­heit Kinderheimen die Fensterscheiben ein­schmeissen, fühlt sich der zuständige Volksredak­teur eben berufen, den Bedrängten unverzüglich solidarisch beizustehen und ebenfalls ordentlich und mit Anstand Gas zu geben; in der Not muss er nah bei de Leut' sein, wie man so sagt, und als Goebbels talentierter Nachwuchs in des Bürgers Sinne mit Volkes Stimme den Teufel verharmlosen, um dann mit betriebseigenem Klartext auf die Kacke zu hauen – was der Masse der Schmierfinken nicht gerade schwer fallen dürfte, weil in derselben Sippschaft aufgewachsen, Blut dicker als Wasser is und der Appel nicht weit vom Birnbaum fällt.
(Wieder mal 'n bisschen klobig, das Ganze. Aber ging nicht anders.)

P.s.:
Bei Karl dem Großen heißt es irgendwo, und zwar in der „Kritik der politi­schen Ökonomie“, MEW 13, 9.:
„Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“
Und prinzipiell ist das auch alles schön und gut, wahr und richtig. Aber in unserm Fall scheint's mir doch eher das Schwein zu sein, das das Bewusstsein bestimmt. (Wenn man bei deutschen Barbaren über­haupt von irgendeiner Art Bewusstsein sprechen kann.)
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