Das Tagebuch

2.3.20
Kleine Charakterkunde -
heute am Beispiel Merz
Das Gute an Merz ist, dass er sich zum Verrecken nicht verstellen kann. Man sieht, riecht, hört, schmeckt und fühlt es, wenn er lügt. Und wenn der den Raum betritt, hat die Lüge längst vor ihm schon die Luft verpestet. Er strengt sich zwar an, kann aber einfach nicht aus seiner Haut. Die Imageberater, wenn er denn überhaupt welche hat, werden wohl versucht haben, ihm, dem auf ewig genetisch ver­sauten Homunkel aus Kohle, Stahl, Beton und Egomanie,wenigstens ein wenig Humanitätsgedusel beizutrichtern. Doch alle Versuche seinerseits, danach zu handeln, schlugen fehl. So auch der gestrige.
Als er gestern im Zusammenhang mit dem europäischen Krieg gegen die Flüchtlinge generös die Empathiekarte spielen wollte, zeigte er in 5 Sätzen genau 5 mal, aus welchem Holz er geschnitzt wurde und wie Beratungsresistenz geht:
„Die Bundesrepublik sollte helfen und vielleicht auch mehr helfen, als sie das bisher getan hat. Und gleichzeitig müssen wir ein Signal an die Flüchtlinge dort geben: ‚Es hat keinen Sinn nach Deutschland zu kommen. Wir können euch hier nicht aufnehmen.‘“
Also:
1. Man sollte nie von „Helfen“ reden, wenn allen im Vorfeld schon klar ist, dass das gar nicht beabsichtigt ist.
2. Und von „mehr helfen, als bisher getan wurde“ schon mal gar nicht, wenn selbst ein flotter Faktencheck das nicht hergibt.
3. Und „Signal an die Flüchtlinge“ - was soll das denn jetzt heissen? Signal heisst vielleicht die Zahncreme, die Merz benutzt. Als Signale an die Flüchtlinge haben sich bisher immer noch Zeltlager im Nie­mandsland, Ertrinken, Verhungern, Verdursten und Verrecken, Trä­nengas und Ausweisung bewährt und sind als solche ohne grosse Übersetzungsprobleme verständlich auch gleichzeitig schon die Praxis.
Mit dem 4. Satz begibt er sich dann idiotensicher in berufsfremde Gefilde, und da auch noch in Bereiche, die nichts miteinander zu tun haben:
‚Es hat keinen Sinn nach Deutschland zu kommen.“ Also Religion Querstrich Philosophie und Tourismus. Denn Flüchtlinge suchen in aller Regel nicht nach „Sinn“, sondern nach einer sicheren Bleibe. Und sie sind auch keine Touristen, die auf Urlaub mal „nach Deutschland kommen“.
Und bei dem 5., dem letzten Satz hat er sich nicht mal verstellt. Da ist der Herr Merz ganz er selbst, ganz bei sich, ganz unverkrampft und unverstellt:
„Wir können euch hier nicht aufnehmen.“ Denn wer kann Millionen Menschen, die er gar nicht kennt und nie kennenlernen wird und will, so mirnichtsdirnichts einfach duzen? Und wer diesen Merz auch nur einmal gesehen oder gehört hat, weiss, dass der hier nicht das pastorale Gesummse oder irgendeine andere Grenzüberschreitung intoniert hat. Nein, dieses Duzen ist die originäre Sprache, der unverwechselbare Jargon des Herrenmenschen, so spricht der Rassist und Herrenreiter, unser nächster Reichskanzler, der Neo-Imperialist aus dem Sauerland.

P.s.:
Insofern bin ich, wie man so sagt, ganz bei diesem Herrn Merz und denke, die Flüchtlinge sollten sich in ihrem Interesse das auch noch mal genauer überlegen, das mit dem „nach Deutschland kommen“. Besser ist besser.
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