Das Tagebuch

21.2.21
Kitsch as Kitsch can
Die deutsche Presse jubiliert, nicht gleichgeschaltet, doch unisono, in die Welt hinaus:
„Deutschland feiert 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland.“
Pardon, aber irgendetwas dünkt mich an dem Satz nicht ganz echt. Ich glaub, es sind so ungefähr 5 Sachen:
- ad1) Was ist denn „jüdisches Leben“? Geht‘s nicht noch verdrucks­ter? Was soll das sein, "jüdisches Leben"? Gibt‘s denn auch „katholi­sches Leben“? Oder „evangelisches“? Oder gar - bei Gott! - „musli­misches“? Ich kenn nur „tierisches“! Yo! und da simma auch schon dem Täter auf der Spur.
- ad2) Was heißt denn hier „Deutschland“ feiert usw? Ganz Deutsch­land? Halb Deutschland? Wieviel Deutschland soll‘s denn sein? Oder sind‘s am Ende nur der oberste Kranzabwerfer Steinmeier, der liebe Augustin und seine willigen Gesundbeter?
- ad3) Und was heißt hier: Deutschland „feiert“? Was soll das für 'ne Feier sein? „1700 Jahre“ christlicher Antisemitismus? Also Diebstahl, Mord und Totschlag, Verfolgung und Vertreibung, Ghettos, Kreuz­zug und Holocaust?
- Und was meinen ad4) die Herren Geschichtsklitterer denn mit der gernegroßen Ortsangabe „in Deutschland“? Seit wann gibt's das denn? Vor 1700 Jahren herrschte in der Gegend, wo heute Deutsch­land liegt, einzig & allein die „Barbarei des Landlebens“ (K. Marx). Und noch Jahrhunderte lang danach war das Brett vorm Kopp ihr Ein & Alles. Und zivilisiert hat sich da bis dato nicht gerade viel. Dieses Deutschland ist nicht gegen Ende der Antike im Namen Gottes auf wundervolle Weise plötz­lich vom Himmel gefallen; das Deutsch­land, das man zum 1. Mal „Deutschland“ nannte, existiert erst seit 1990, und was diese „Deut­schen“ heute durchweg von den Juden halten, ergibt - freundlich ausge­drückt – eher wenig Feiertaugliches. Oder mit den Worten von Max Liebermann:
„Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen könnt.“
So weit, so normal. Was aber unterm Strich dann doch irritiert, ist der Umstand, dass der Zentralrat der Juden nach dem und dem und alledem diese billige Verar­sche, diesen „deutsch-jüdischen Verbrü­derungskitsch“ (Eike Geisel) auch noch mitmacht.
Schade. Auch immer dasselbe.
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