Das Tagebuch

17.5.21
Hallo Joschka, alter Ego!
Neulich sah man dich – es ist noch gar nicht so lange her; vielleicht anderthalb Tage – wieder mal in deiner geliebten elder Außenstaats­mannspose – nicht zu verwechseln mit Haltung – irgendeinen sehr schwer-präsidentialen, kostenlosen Verantwortungsmüll bräsig in die Welt knarzen. Und es ist zwar völlig absurd, aber wenn ich dich bei so was sehe, fallen mir immer die uralten Bilder von jungen Leuten ein, wie sie euphorisch und wutentbrannt durch die Straßen­schluchten marschierten und „Hoch die Internationale Solidarität!“ skandierten. Na ja, lang ist‘s her.
Und heute dürfen wir in allen deutschen Blättern lesen:
„Aussöhnung mit Namibia -
Deutschland erkennt die Massaker an den Herero und Nama als Völ­kermord an - und will erstmals offiziell um Entschuldigung bitten."
Heute!
Und als du den Außenminister gabst, es begab sich im Jahre 2004, und Vertreter der Hottentotten bei dir in Berlin bescheiden' an die Pforte pochten … weißte noch, und weißte noch, wie sauber und billig du die da ... ach komm, is lang her und et waren ja auch nur die Hotten­totten oder so.
Aber sag' ma', Joschka, jetzt ma' ehrlich! Was geht dir durch die hohle Nuss, wenn du heute lesen musst, dass der Versöhnungs- und Verhandlungspartner der Hereros und Nama heute ein altbekannter CDU-Sack ist, der alte CDU-Sack Ruprecht Polenz, ein zwar konser­vativer, aber durch und durch ehrenwerter, seriöser, respekta­bler Politiker, vor dem man mitunter den Hut ziehen könnte, oder nich'? … egal.
Und so nochens: was sagste denn jetzt dazu als staatl. anerkannter Oberoppor­tunist, Macht- und Intrigenspezialist, als grüner Heuchel­humanist und Pseudomoralist, als höchst­dekorierter Lügen­baron, Polit-Klon und interna­tional gefeierter Öl- & Erdgasfuzzi?
Gar nix?
Ja, warum auch.
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