Das Tagebuch

16.10.22
„Stralsund“
Es war zwar nur ein Krimi im ZDF, aber einer mit vielen Körnchen Wahrheit. Unter anderem ging‘s um zwei halbasiatische, realpoli­tische Gangsterbanden, die in ihrem ewigen Kampf um den Spit­zenplatz in der globalisierten Terrorhierachie vor nichts zurück­schrecken, zwei hochmoderne Barbarentruppen, von denen die eine unter dem Markennamen „Tschetschenen“ lief.
Da mir, wie üblich, wieder mal entfallen war, wo sich unsere Ter­rorfürsten mitsamt ihren Eingeborenen aufzuhalten pflegen, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, Leute, die ihnen nicht passen, in die Luft zu jagen, hab ich mich erst mal via Wikipedia etwas schlauer gemacht. Der Beitrag bei Wiki über diese Tschet­schenen beginnt folgendermaßen:
„Die Tschetschenen sind eine Bevölkerungsgruppe im Nordkaukasus. Mit ihren sprachlich und kulturell eng verwandten Nachbarn, den Inguschen, werden sie in die ethnologische Gruppe der Wainachen eingeordnet. Ihre Sprache, das Tschetschenische, gehört zusammen mit der inguschischen Sprache zum wainachischen Zweig innerhalb der nachischen Sprachen der nordostkaukasischen Sprachfamilie.“
Wobei die Betonung, so viel ich vermute, selbstverständlich auf 'Familie' liegt.
Wenn das bonmot von Karl Kraus „Das Wort Familienbande hat den Beigeschmack von Wahrheit“ auf irgendwen in diesem blutrünstigen Theater zu über 100 Prozent zutrifft, dann auf diese Leute. Diese Leute kennen nur eins, diesen Leuten ist nur eines heilig, und das ist ihre heilige Familie. Und ihre hl. Familie ist eine Großfamilie.
Und wenn es irgendwo auf dieser gottverdammten Erde darum geht, am schnellsten und brutalsten irgendwem, der im Weg steht und nicht zur Familie gehört, das Licht auszublasen, dann stehen diese Tschetschenen an der vordersten Front. Die kennen nichts anderes als Terror, Terror, Mord und Totschlag und haben in den letzten Jahrhunderten auch nichts anderes dazu gelernt. Und wenn es sich bei ihren Gegnern aus welchen Gründen auch immer um Russen handelt ... um so schneller und rummsti is die Rübe runter und gerechter und ehrenhafter ihr „Kampf“.
Und wo schreiten diese gott- und gnadenlosen Burschen zur Zeit besonders hilfreich zur Tat? Na da, wo auch unsere Freiheit mal wieder verteidigt wird – also nicht nur für und auf Putins Seite, sondern auch – wie das unter Brüdern halt so üblich ist – auf der Gegenseite, in einer Gegend, in der se das Wort ‚Frei­heit‘ traditio­nell auch anders buchstabieren als wir; und wo der Ausdruck „Aufs falsche Pferd gesetzt“, ähnlich wie in Afghanistan, noch insofern irreführend ist, alldieweil auch dort, hier und da nur falsche Pferde im Rennen sind und waren.
Und die allerletzte Frage, die trotz ihrer vollkommenen Irrelevanz immer wieder gern gestellte Frage nach der Religionszugehörigkeit dieser Tschetschenen kann man auch getrost überhören – schätze, die wissen nicht mal, wie man Allah überhaupt schreibt.
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