Das Tagebuch

27.7.23
Unnütze Gedanken
über antagonistische Paradoxien der sich selbst
erfüllenden Wunsch-und Denkzettelwirklichkeit
Etwas Unerhörtes, Einmaliges stand heute im ‚Kölner Stadtanzei­ger‘. Ein Herr Erik Flügge, seines Zeichens Geschäftsführer der Beratungsfirma ‚Squirrel & Nuts‘, Bestsellerautor und Blogger mit Zehntausenden Followern, erklärt unter der Überschrift „AfD-Panik vernebelt die Sinne“ in seinem Gastkommentar, warum die belieb­te Denkzetteltheorie die billige, gedankenleere Mogelpackung ist, die sie ist, um sich bequem aus der Verantwortung zu stehlen:
„Die AfD mobilisiert im Schwerpunkt Menschen, die ihre Einstel­lungen teilen. Es sind zum allergrößten Teil keine Protestwähler, sondern überzeugte Wähler einer teils rechtsextremen Partei.“
Von wegen Denkzettel!
„Diese Menschen gehen nicht etwa für das demokratische Spektrum verloren, sondern stehen schon seit längerem außerhalb. (...) Ja, es gibt einen gewichtigen Anteil an der deutschen Bevölkerung mit autoritärer Grundeinstellung, und lange gingen diese Leute nicht zur Wahl.“
Jetzt kamen se aber zwischenzeitlich alle aus ihren Löchern gekro­chen. Doch:
„Die AfD hat weitgehend ausmobilisiert.“
Will sagen:
Da kommt nix mehr nach. Das rechtsradikale, antisemi­tische Pack liegt seit Jahrzehnten stabil bei 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung, wenn's heftiger stürmt, auch schon mal bei 30Prozent. Man hat fast den Eindruck, solche Art von ‚Bewusstsein‘ sei gene­tisch äh fest­gelegt äh ver­erbbar, So wie Raider jetzt Twix heißt, heißt DNS ab morgen nicht mehr „Desoxyri­bonucleinsäure“, sondern „Deutsche Nationalsozialisten“, sonst ändert sich nix! Mit andern Worten: Steckt euch eure Denk­zettel sonst wohin. Zumal in dem Milieu da sowieso keiner denken will oder kann.
Und nur von banalen Realitäten kann der Durchschnitts­journalist halt eben nicht leben.( Erik Flügge ist da scheint's ne Aus­nahme.) Statt also simpel die Zettel Zettel sein und das Pack am langen rechten Arm mit deutschen Gruß verrecken zu lassen + Ruhe is!, werden die Nazis mit dieser albernen Denk­zettel­verteilerei noch künstlich am Leben gehalten.
Aber ihr müsst ja schließlich auch was zu schreiben haben. Ihr Jour­nalisten, ihr.
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