Das Tagebuch

9.11.23
9. November, 9. November ... was war denn noch mal am 9.November?
Der ‚Kölner Stadtanzeiger‘ tut heute seine Staatsraisonpflicht und erinnert auf den Seiten 1 und 3 an den 9. November ‘38. Unkom­mentiert steht da u.a.:
„Die katholischen Bischöfe von NRW verurteilten in einer gemein­samen Erklärung ‚antisemitische und antiisraelische Aggressionen und Gewalttaten‘ in Deutschland. ‚Als Kirche haben wir schon ein­mal den Fehler gemacht, stillschweigend daneben zu stehen, während unseren jüdischen Nachbarn der Hass und die Gewalt einer ideologisierten Menge entgegenschlug.“
So, so. ‚Als Kirche haben wir schon ein­mal den Fehler gemacht ...“
Ja wat denn? Aufs falsche Pferd gesetzt oder wat? Das Christentum, Sportsfreunde, spätestens seit dem 4. Jahrhundert n.u.Z. eine im Kern antisemitische Veranstaltung, hat nicht nur an diesem einen Tag 1938 stillschweigend daneben gestanden, sondern immer. Und wenn die Christen nicht stillschweigend daneben ge­standen haben, dann standen sie in der ersten Reihe an vorderster Front und waren Feuer und Flamme für die antijüdischen Pogrome, von den Kreuz­zügen ganz zu schweigen. Mit den Parolen "Gott will es!" und "Hep, hep, hep!" *) hinterliessen sie da, wo noch was zu holen war, plündernd und brand­schatzend Schneisen der Verwüs­tung.
Ihr lieben Brüder und Schwestern,
es nützt ja leider Gottes nichts, trotzdem: Man möchte kotzen. Kotzen, kotzen, kotzen. So lasset uns denn einen Augenblick inne­halten, den christlichen, den paulinischen Satz vom Kopf auf die Füße stellen und ausrufen: „Unsere Kotze komme über euch und eure Brut bis in alle Ewig­keit! Amen!“

Und wo wa grad schon dabei sind: Was war denn sonst noch so los an diesem und jenem 9. November? Achtung! Achtung! Vorsicht! Hier könnte man was lernen!
Am 9.11. 1799 beendete Napoleon durch einen Staatsstreich die Französische Revolution. Die Mitglieder des Direktoriums traten entweder zurück oder wurden abgesetzt und verhaftet.
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Am 9. 11. 1848 wurde Robert Blum, linksliberaler Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, nach der Niederschlagung des Oktoberaufstands von Wien unter Missachtung seiner Abgeordne­tenimmunität von einem Hinrichtungskommando erschossen.
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Am 9. 11. 1918 rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann gegen 14 Uhr vom Reichstagsgebäude die „deutsche Republik“ aus.
Zwei Stunden später verkündete der Spartakist Karl Liebknecht vom Ber­liner Stadtschloss aus die „deutsche Räterepublik“.
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Am 9. 11. 1923 wurde der Hitler-Ludendorff-Putsch von der Bayeri­schen Landespolizeiin Münschen blutig niedergeschlagen und die NSDAP verboten.
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Am 9. 11. 1938: Reichspogromnacht (Aber weil „Pogrom“ so häss­lich klingt, sagt man hierzulande lieber „Reichskristallnacht“.)
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Am 9.11.1967 entfalteten bei der feierlichen Amtseinführung des neuen Rektors der Hamburger Universität Studenten ein Trans­parent mit dem Spruch “Unter den Talaren- Muff von 1000 Jahren“.
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Am 9. 11. 1969 platzierten die „Tupamaros West-Berlin“ eine Bombe im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin. Die Bombe explodierte jedoch nicht.
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Am 9.11. 1974 starb nach 58 Tagen Hungerstreik das RAF-Mitglied Holger Meins in der der JVA Wittlich.
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Und am 9. 11. 1989 verkündete SED-Politbüromitglied Günter Scha­bowski auf einer Pressekonferenz die Gewährung von Reisefreiheit und antwortete auf die Nachfrage nach dem Beginn dieser Regelung um 18:57 Uhr mit „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich“.

So, und jetzt feiert mal schön. Könnt euch ja aussuchen, auf welcher Hochzeit ihr tanzen wollt.
P.s.:
Ach, ich hab noch einen vergessen:
Am 9.11. 1313 setzte sich in der Schlacht von Gammelsdorf ... in der Schlacht von Gammelsdorf ...der spätere Kaiser Ludwig der Bayer gegen seinen Vetter Friedrich den Schönen durch und erhielt damit die Vormundschaft über die jugendlichen Herzöge von Nieder­bayern.
In der Schlacht von äh Gammelsdorf ... damit fing glaubich alles an.

*) "Hep, hep, hep!" soll die Abkür­zung des Schlachtrufes "Hieroso­lyma est perdita!" gewesen sein, "Jerusalem ist verloren". Weil für die meisten jedoch alles Lateinische nur böhmische Dörfer waren und so das normale, einfache Volk einfach nur "Bahnhof" verstand, es zudem aber damals noch gar keine Bahnhöfe gab, könnte "Hep!" oder "Heb!" auch für "Hebräer" gestanden haben. Man konnte also auch immer schon mit null in der Birne Antisemit sein.
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