Das Tagebuch

21.1.24
Gesicht gezeigt - Demokratie gerettet
Laut Presse, Funk + Fernsehen waren es 100.000 allein in Berlin, 70.000 in Köln, 50.000 in Hamburg usw.etc. - insgesamt mehrere 100.000 im ganzen Land, die es, wie sie es auch selber voller Stolz verkündeten, „geschafft haben, die Demokratie zu stärken, wenn nicht sogar zu retten“, und gleichzeitig die AfD zum Nabel der Welt zu machen, was man aber bei den nächsten Wahlen leider, leider nicht an einem Rückgang der AfD-Stimmen wird erkennen können, weil diese komischen Wähler gar keine Zeitungen mehr lesen und keine Nachrichten mehr hören, son­dern nur noch in ihrem eigenen Siff rumeumeln und für die die ARD und das ZDF auch nur noch irgendwelche Fremdwörter sind, die sie hassen und nicht verstehen wollen.
Auch wenn ich solche Aktionen zur „Stärkung der Demokratie wenn nicht sogar Rettung“ besser finde als gar keine, mache ich sofort die Fliege, wenn ich sehe, wie auf diesen Massenevents derselbe Popu­lismus und Alarmismus zelebriert wird, den man bei der Gegenseite zu bekämpfen vorgibt. Dann hammer da noch den typischen Mix aus Größenwahn, Lokalpatriotismus und Infantilismus, fein gebündelt in unerträglich süßlichen Kitschliedern wie „In unserm Veedel“.
Auszuhalten wäre das ganze Theater für mich nur mit bisschen mehr Witz und Ironie. Aber was willste machen, wenn man in Sprech­chö­ren wie „Ganz Köln hasst die AfD“ oder „Alle hassen Nazis“ vergeb­lich nach der Pointe suchen muss und nicht finden kann. Und da ich den ganzen unpolitischen und obermoralischen Tinnef seit dem Clodwigplatz vor 30 Jahren kenne, bin ich auch gar nicht in die Versuchung gekommen, da irgendwo mitzulaufen. Einer muss sich das ja alles auch mal mit gebührendem Abstand von zuhause aus betrachten.

P.s.:
So, das war jetzt mal ne Nummer von mir ohne eine Spur von Ironie. Wollt ich immer schon mal machen. Danke.
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