Das Tagebuch

14.5.24
Irgendwo zwischen lost and found
Berlin, Bundesparteitag der CDU.
Friedrich der Große-Friede.sei.mit.dir- Merz fährt mit seiner Frau beim Adenauerhaus vor und beide stolzieren völlig losgelöst wie zur 'ner Bambi-Verleihung Richtung Eingangshalle, umringt und abge­schirmt von diversen Bodyguards. Da erscheint der Spaß- und Sa­tire-Repor­ter der ‚heute-Show‘ Lutz van der Horst auf der Bildfläche und fragt Leitkultur-Chefideologe Merz nach dessen persönlichem Verständnis von Leitkultur. Dass der Herr Merz darauf nicht antwor­ten würde, war abzusehen. Und dass die Bodyguards genau das taten, was solche Bodyguards in der Bodyguard­ausbildung so lernen, war auch klar. Nur mit der hochwohlgeborenen Frau Charlotte Merz hatte keiner gerechnet. Auf den Zuruf „Leitkultur bedeutet doch auch zu antwor­ten, wenn man was gefragt wird, oder?“, quengelte sich die Gemahlin vom Herrn und Hausmeister-Pascha Merz in den Mittel­punkt des Weltgeschehens, drückte das Mikro weg und schnauzte los: „Leitkultur bedeutet als allererstes zu fragen, ob man eine Ant­wort geben möchte.“
Ende der Sendung.
Das sind so die Augenblicke des Lebens, wie wir sie lieben, wo sich Wahrheiten ungeschminkt und ohne Rücksicht auf Verluste offen­baren, wo selbst Kaiser und Könige plötzlich nackt vor einem stehen, ein Bild, auf das man als Zuschauer allerdings bei manchen Figuren wiede­rum auch gern verzichtet hätte.
Dass Merz nicht antworten würde, war ja klar, dafür hatte er seine Bodyguards. In seiner sauerländischen Selbstherrlichkeit aber hatte er ganz vergessen, der kläffenden Ehefrau ein Redeverbot zu ver­passen. Und so kamen wir in den Genuss einer Wahrheit, die kaum jemand in diesem Lande noch aufm Schirm hatte: die anscheinend unausrottbare,vererbte Gutsherrenart vergangener Vonundzu-Zeiten des „Quod licet jovi, non licet bovi. Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt.“
Gnä' Freifrau von Merz: von Demokratie gänzlich unbeleckt und null Empathie oder besser gesagt: nicht die Spur einer Ahnung, ein Sauer­landstern, wie es ihn nur einmal gibt. Da kann man nur hoffen, dass die ihren reaktionären Männe nicht noch ne Ecke reaktionärer macht, wenn der den Kanzler gibt.
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