Das Tagebuch

23.1.25
Zeitenwende? Tja, kann man so sagen
Wie zentnerschwerer Mehltau legt sich die tiefe Enttäuschung be­züglich der Trumpisierung Amerikas über den Rest der Welt. So hatten wir nicht gewettet. Und ich habe beschlossen, bis auf Weite­res, sofern es Sinn macht, diesem pöbelnden Ausbund an Primitivität nicht auch noch die Ehre zu erweisen, seinen Dreck zu zitieren … Und nicht nur das. Mir ist auch die Lust vergangen, über Sachen meine Späße zu treiben, die mit dem amerikanischen Faschismus gar nichts zu tun haben.
Mal gucken, wie lang die Depris anhalten. In Ermangelung aktueller Scherze kann ich Sie dann aber mit Bücher- und Musik-Tipps über­fluten. Das ist doch 'ne clevere Idee, oder?

Here we go!
„Über die Dummheit
Ursachen und Wirkungen“
von
Horst Geyer
VMA-Verlag Wiesbaden, 1954, *)
....... und die Platte:
„Tidal“
von
Fiona Apple
Columbia, 1996
Wer dagegen lieber das Harmonische mag, ist mit dieser Dame und ihren zwei Platten vielleicht besser bedient:
„Saving all my love – A tribute to Tom Waits“ (2001)
und
„Sometimes“ (2003)
von
Claudia Bettinaglio
Viel Spaß!

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Anmerkungen
*)
P.s.:
(geschrieben am 25. Januar, 2 Tage danach):
Oha! Jetzt brauchen wir aber einen gewaltigen Nachschlag!
In den 90ern hatte ich das dicke Büchlein irgendwo erstanden, fand es wohl irgendwie lustig (ist es auch), aber wusste nichts über den Autor und noch weniger über seinen Inhalt. Heute weiß ich was:
Der Mann war Jahrgang 1907 und starb 1958 wohl friedlich in sei­nem Bett. In der Zwischenzeit war er laut WikiPedia „ein deutscher Psychiater, Neurologe, Hirnforscher und Rassenhygieniker“ usw. Dann folgt das übliche kritiklose Geschreibsel in allen Einzelheiten.
In dem wesentlich wichtigeren Buch, dem „Personenlexikon zum Dritten Reich – Wer war was vor und nach 1945“ von Ernst Klee steht dann noch:
„(…) 1934/35 Teilnehmer am ersten rassenhygienischen Jahres-Ärztekurs im Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie. Ab 1935 einziger Assistent von Fritz Lenz (führender Rassentheoretiker): Arbeiten zu Epilepsie und Mongolismus. 1937 Eintritt in die NSDAP, auch Mitglied der SS. Laut P.E. Becker angeblich irgendwann wieder ausgeschlossen worden wegen jüdischem Großvater, 1939 Habili­tation, Anstalt Düsseldorf-Grafenberg. 1945 apl.(außerplanmäßig) Professor. 1946 Nervenarzt in Oldenburg, danach Chefarzt der Nervenklinik Bad Zwischenahn (...)“,
und dann 1958 im Jahre des Herrn, wie gesagt, wahrscheinlich rela­tiv friedlich ins Jenseits verzogen. Wär möglicherweise nicht ganz uninter­essant zu erfahren, was der Bursche, obwohl er aus der SS wegen seines jüdischen Opas rausflogen war, trotzdem in der Heil-, Pflege- und Euthanasie-Anstalt Grafenberg so getrieben hat.
Und nu kommt ein wirklich sehr interessanter Satz: Ich hab davon damals nichts gewusst - als ich in den 90ern das Buch über die Dummheit gelesen habe. Echt! Ich war wohl noch zu jung oder zu alt, zu verkorkst, verführbar oder zu viel auf der Straße, zu uninformiert, zu gaga und naiv, zu träge, schlicht, zu gutgläubig, zu blöde, däm­lich, einfältig oder vielleicht auch, ja, ach, ich hab's: zu dumm. Egal. Oder hab es - aus welchen Grün­den auch immer - simpel nicht kapiert. Jedenfalls fühlte ich mich heute Nacht genötigt, zwei Tage danach, diesen Nachtrag nachzu­tragen. Danke schön, bitte schön.
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