Das Tagebuch

28.1.25
Das hatten wa noch nich
Während des Wahlkampfes 1999 in Hessen machte die CDU, wie sich manche vielleicht noch erinnern, mit einer Unterschriftenaktion ordentlich Stimmung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Das war zwar nix Neues. Aber diesmal sprach das der allgemeinen Christde­mokratie so sehr aus der xenophoben Seele, dass die Massen nur so auf die Marktplätze zu den Verkäuferständen der Parteien ström­ten und wissen wollten:
„Wo kann man hier gegen die Ausländer unterschreiben?“
Das war damals. Heute braucht Deutschland unter Merz als Kanzler­kandidat nicht mehr solche Volksaufläufe inkl. Unterschriften-Papper­lapapp. Mit Ausnahme diverser Teile der Linken, der SPD, des BSW und der Grünen, die sich allesamt nur aus rein wahltaktischen Grün­den zurückhalten und weil für sie das ganze sauerländische Provinz­theater einzig ein alberner Trump-Imitations-Wettbewerb ist, stehen heute grundsätzlich alle Parteien stramm vereint und äffäffäff, frisch, fromm, fröhlich, frei hinterm Wahlprogramm der Christdemokrazis, das nur noch eines kennt: den populären Kampf gegen „das Land, das man Ausland nennt“ (Klaus Theweleit).
Und das hatten wir hier in der Tat noch nicht: Dass sich praktisch alle hinter einen militanten Heimatverein stellen, der zudem nur noch mit 1 – in Worten – einem Tagesordnungspunkt die Hitparade stürmt. Selbst der Führer musste anno dunnemals erst alle Parteien verbie­ten, um loslegen zu können. Unter Merz und seiner deutschen Leit­kultur ist jetzt die Sau für immer raus und so riecht und sieht’s in diesem Land auch aus: „Sich einfügen in die Gemeinschaft ist der Ersatz für gesittetes Benehmen.“ (W. Pohrt).

P.s.:
Oh, fast schon wieder vergessen: Neu dabei ist ein originärer Nazi­verein namens AfD, der in 4 Wochen wohl 100-prozentig für Über­raschung sorgen wird. Doch: Die wird schon bei der übernächsten Wahl keine Rolle mehr spielen, weil die andern in xenophober Par­laments­praxis denn doch irgendwie professioneller sind und deshalb die Arschlöcher für Deutschland - sogar in den Augen ihrer Wähler - aufgrund genuin abgrundtiefer Dumm- und Dämlichkeit die Fünf-Pro­zent-Hürde nicht mehr werden überhüpfen können.
(Trübe Hoffnung? Na, komm, man wird ja in diesem Land noch we­nigstens n bißken trübe Hoffnung haben dürfen, oder?)
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