Das Tagebuch

12.2.25
Politkinder
Vor 10 Tagen, am 3. Februar hatte ich mittels eines zugegebener­maßen sehr verkürtzten Apercu versucht, die Unmöglichkeit politi­scher Bildung via Fernsehtalkshows aufzuzeigen. Vor 10 Tagen schrieb ich:
„Labersendungen, nee, pardon, TV-Gesprächsevents wie ‚Maybrit Illner‘, ‚Maischberger‘, ‚Marcus Lanz‘ oder ‚CarenMiosga‘ et cetera sind von der Strickart her entweder auf Krawall gebürstet oder dienen nur der Eitelkeit ihrer Moderatoren und der Selbstdarstellung der ewig glei­chen Gäste. Sie sind Teil der gut geschmierten Unterhal­tungsindustrie, kul­turindustrielle Massenware, sonst nichts. Aufklä­rung findet nicht statt, nicht weil man sie nicht wollte, sondern weil
sie dort unmöglich ist; weil man dort im Normalfall nur Sätze ohne Nebensätze akzeptieren will, andern in den Text quatschen aber gern gesehen wird, und weil im ständigen Kampf um die Quo­tenmaximie­rung die Komplexität der Realität runtergenudelt wer­den muss auf Kindergartenniveau. Des­wegen ist man auch hinterher nicht klüger, sondern genauso dumm wie vorher. Wenn nicht sogar noch düm­mer.“ Und dümmer geht immer. Und zwar so:
Im Focus – wie man neuerdings so sagt – stehen ja bei der öffent­lich-rechtlichen Erwachsenenverblödung in 1. Linie die sog. mündi­gen Staatsbürger. Seit gestern jedoch dürfen auch schul­pflichtige Kinder im Auftrage staatspoliti­scher Zu­richtung missbraucht werden. Der Sender sat1 - vielfach in der Vermassung widerlicher Inhalte an vorderster Front, noch vor Vox, RTL, RTL2 und QVC – zeichnet verantwortlich für eine Wahlkampf­sendung, in der „Kinder den Spitzenpolitikern Friedrich Merz und Olaf Scholz ihre Fragen stellen dürfen“. Dass diese Fragen in so einer Sen­dung nicht unkontrolliert und spontan aus dem Himmel in die Hirne unserer Kleinen purzeln, sondern von ausgebufften Journalisten im Vorfeld bis hinter alle Ähs und Kommata durchge­checkt werden, kann man sich ja denken. An­dernfalls wäre eine solche Sendung auch gar nicht machbar. Nein, was mich wahrlich so förchterlich erschöckte, war die aufgebotene Kinder­schar als solche. Eine unerträglich überkandiedelte, sonder­begabt zusammengecastete, minder­jährige Klugscheisserbrigade mit frisiertem Seitenscheitel aus den Zeiten von anno tobak und Streberbrille auf dem neunmalklugen Riechkolben, auf­geblasene Blagen, de­nen man auf der Stelle nur zu gerne abnahm, später dann auch den Beruf des Volksvertreters er­greifen zu wollen. Und welcher Partei sich die nichtsnutzigen Nichts­nutze zur Verfü­gung zu stellen gedächten, stand ihnen jetzt schon bereits fett auf ihre 4 Buchstaben gepinselt.
Grauenhaft.
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