Das Tagebuch

28.11.24
Ein Büchertipp vom Weihnachtsmann
„Freiheit – Erinnerungen 1954 - 2021“
von Angela Merkel
Ghostwriter: Beate Baumann,
Verlag Kiepenheuer&Witsch,
736 Seiten dick,
mit 32 Seiten bunte Bilder,
ca. 2 Kilopont schwer,
42 Euro billig
und erscheint in über 30 Ländern der Erde. Und am meis­ten bin ich gespannt auf ihre Erinnerungen an die
Jahre ’54 bis ’57.
27.11.24
(Quasi in eigener Sache:
Am 23. November ist mir in der Nummer über Jens, das Spahnferkel, unter der Überschrift „In Zeiten wie solchen“ ein eklatant brunzdum­mer Fauxpas passiert. Ein guter Freund hat mich - und dafür ist ein guter Freund auch u.a. da - gestern darüber aufgeklärt, dass man durchaus in un­serer Landessprache, in unserem Heimatidiom sowohl „den Karren“ als auch „die Karre“ in den Dreck fahren kann.
Und weil es momentan absolut angesagt ist, seine kleinen, lässlichen Sünden und mickerigen Fehltritte im scheinheiligen Büßergewand dem staunenden Publikum brühwarm Tag für Tag aufs Neue zu ser­vieren, und weil der kurze, kritische Hinweis ja richtig war, hab ich mich gestern Abend dazu entschlossen, unter Schmerzen die Peinlichkeit zuzu­geben, nicht gewusst zu haben, dass Jens Spahn durchaus „die Karre“ als auch „den Karren“ in den Dreck fahren kann.
Ich habe halt nur keine Lust, schon wieder ne harmlose Witznummer wegen grammatikalischer Geschlechterungenauigkeit nächtelang gradezubügeln und womöglich auf meine schöne, billige Pointe zu verzichten. Nur wegen des Spahns. Das ist mir - ehrlich gesagt - ein christdemokra­tisches Ferkel nicht wert. Da lese ich lieber 700 Seiten Angela Merkel.)
26.11.24
Grüner Antisemitismus?
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat letzten Don­nerstag Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Netanjahu und den ehem. israelischen Verteidigungsminister Joav Galant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen u. Verbrechen gegen die Mensch­lichkeit im Gaza-Krieg erlassen. Und nicht zu vergessen gegen einen Führer von diesen mohammedanischen Widerstandskämpfern, der es nach Meinung dieses Sondertribunals wohl etwas zu doll getrie­ben haben soll.
Zeitgleich ist ein verschollen geglaubter Text an die Öffentlichkeit gelangt, der aus dem Jahre 1937 stammt und geschrieben worden war von keinem geringeren als Joseph Goebbels. Daraus eine kurze Passage, biddeschön:
„Niemand steht über dem Gesetz.(...) Es gilt die Unabhängigkeit der Justiz, die in diesem Fall zu dem Schluss gekommen ist, dass es hinreichend Indizien für sie gibt, diesen Schritt jetzt zu unternehmen. Ich will mich aber nicht in laufende Verfahren einmischen.“
Ja genau. Nur eine Kleinigkeit stimmt da nicht so ganz. Der Autor hieß nicht Goebbels, sondern Annalena Baerbock. Und Goebbels hätte so was zum damaligen Zeitpunkt halt auch nur aus Propagan­dagründen von sich gegeben. Die Annalena glaubt, was sie sagt.
25.11.24
Unheimlich unheilig
Wochen-, nein, monatelang habense ihn praktisch zu nem Unfehl­baren hochgejazzt, sie haben ihn quasi schon zu Lebzeiten in den Himmel gelobt, als ausgewachsener Wunderknabe dekretiert, wurde er zum geborenen Überkanzler in spe abgeordnet – man hatte fast den Eindruck, die Heiligsprecher stünden bereits vor der Tür, ...
da flattert plötzlich folgende Meldung ins Haus, und die Säkularisie­rung nahm ihren Lauf:
„Verteidigungsminister Pistorius steht in der Kritik: Bundeswehr soll für 825 Millionen Euro neue Ausgehuniformen bekommen,“ berichtet ‚n-tv’ und ‚BILD‘ sekundiert:
„Kein Geld für Waffen, aber Bundeswehr will 825 Mio. für neue Aus­gehuniformen“
Ich glaub's ja nicht! Ausgehuniformen! Soll das denn? Sind wir schon wieder bei Preussens Gloria? Da werden aber die Ukrainer Augen machen! Ausgehuniformen! Ihr habt wohl n Ei am wandern, was?
25.11.24
???
SPD-Chefin Saskia Esken:
„Hiermit ist der Wahlkampf eröffnet. Die SPD hat ein Potential von 47%.“
Also, jedesmal wenn ich diese Frau reden höre, stellen sich mir hinterher immer 3 Fragen:
Was will die? Was soll die? Und ... Wie geht's ihr?
24.11.24
Ach, was ist schon Wahrheit (nach Pontius Pilatus)
Der Wahrheitsgehalt der ‚BILD‘-Zeitung – das wissen selbst die ahnungslosesten ‚BILD‘-Leser am besten – liegt auf einer ange­nommenen Wahrheitsskala von 0 bis 10 bei ungefähr ‚minus 20‘.
Das einzige, was der Wahrheit noch am nächsten kommt, ist er­fahrungsgemäß das Impressum. Von daher lohnt es sich norma­lerweise nicht, dieses saubere Unterhosenblatt auch nur zu zitieren. Jeder stöhnt dann nur
„Ach ja, komm, ‚BILD‘-Zeitung! Was soll's.“
Bei einem ‚Artikel‘ der gestrigen Ausgabe aber trifft die Beschreibung ausnahmsweise wahrscheinlich mal nicht zu. Die Meldung beginnt mit der Headline in den klassischen etwas größeren Buchstaben:
„Nach Sex-Party im Kitkat-Club:
Polizistin soll Kollegen mit Penispumpe missbraucht haben
Trans-Frau kandidierte als Frauenvertreterin für die Berliner Polizei“
Unter der Überschrift hat die sensible Redaktion ein Privatphoto von ihr abgedruckt, auf dem sie vom Scheitel bis zu den Oberarmen, mit schulterlangen blonden Haaren und bekleidet mit ihrer Polizeiuni­form­jacke abgebildet ist. Mit einem schwarzen Balken über Augen und Nase hat sie, die Redaktion, wohl versucht, sie – nicht die Re­daktion – vergeblich unkenntlich zu machen. Denn wer die Frau kennt oder auch nur einmal gesehen hat, weiß sofort, wer das ist.
Die Redakteurin Nicole Biewald beginnt ihren Artikel mit dem Satz:
„Polizeimeisterin Judy S. (27) aus Berlin steht unter Verdacht, zwei Kollegen missbraucht zu haben. Eine Durchsuchung ihrer Wohnung verlief „mit Erfolg“.“
Wer mehr wissen will, muss erst das „BILD“plus-Abo bezahlen usw usw.
Wenn es zum Prozess kommt – wegen Missbrauch der Pressefrei­heit, mag der Springer-Verlag das wie immer wohl aus der Porto­kasse bezahlen, während die Wahrheit wie in jedem Fall tot auf der Strecke liegen bleiben wird.
Aber was soll's.
23.11.24
In Zeiten wie solchen
‚Die Zeit‘ kennt keine Berührungsängste. Die spricht tatsächlich mit jedem. Auch mit Jens Spahn. Da kann so ziemlich alles, was der behauptet, dummes Zeug sein – die Zeit macht nur vorm Teufel Halt. Wenn die Furchtlosen von der ‚Zeit‘ also ein langes Gespräch mit dem Jens führen, tritt der Stuss eben offen zutage. Ganz im Zeichen ihrer berühmten Liberalität formuliert sie ihre Eingangssätze für das Interview dann folgendermaßen:
„Unionsfraktionsvize Jens Spahn erklärt, was er von Windrädern hält, warum er zurück zur Kernkraft will und wie er über Christian Lindner nach dem Ampel-Aus denkt,“
und nimmt für die Überschrift den herrlichen Spahn-Satz:
„Robert Habeck hat den Karren in den Dreck gefahren.“
Gut, man kann nich alles im Kopp haben, und Irren is auch mensch­lich, so wie auch der Igel vom Kaktus stieg. Nur, Liebelein, es heißt nun mal laut Duden „die Karre“ und nicht „der Karren“. So, und richtig bleibt nach Adam Riese bei dir nur „der Dreck“.
Das sollte man immer im Kopf behalten, speziell bei Leuten, die z.B. Asylbewerber schon wegen minderer Vergehen wieder nach Afrika zurückschicken wollen. Und ich vermute mal, dass die Genossen von der ‚Zeit‘ den Spahn-Satz aus purer Gehässigkeit so haben stehen lassen. Weiter so!
22.11.24
Büchertipps zum Jahresende
„Der Preis der Freiheit -
Eine Warnung an den Westen“
von Hamed Abdel-Samad
dtv, 2024
***
„Die Achse der Autokraten
Korruption, Kontrolle, Propaganda:
Wie Diktatoren sich gegenseitig an der Macht halten“
von Anne Applebaum
Siedler, 2024
21.11.24
Nachschlag zum Aufruhr über den ‚Tatort‘ vom Sonntag
Aus der Reihe
„Wie man, auch wenn man nicht die geringste Ahnung vom Sujet hat, das allgemein verbriefte, seinerzeit hart erkämpfte Recht auf Kunst­freiheit simpel missbrauchen u. missverstehen will als Aufforderung, seine persönliche, unmaßgebliche Meinung ohne stichhaltige Argu­mente, aber selbstbewusst und mit viel aufgeblasenem Tamtam an jede große Glocke zu hängen und umzumünzen in ein Menschen­recht auf un­fassbaren Quatsch, das es gar nicht gibt.“
Moment, können wir uns vielleicht mal verständlich ausdrücken?
Okay. Pardon, dann mit etwas anderen Worten:
Am Beispiel des kleinkarierten Dorfprotestes gegen die Stuttgarter ‚Tatort‘-Folge, der sich inzwi­schen pestartig zum bundesweiten kleinkarierten Dorfprotest ausgewachsen hat, soll dieser durchaus moderne Wahn, alles, was einem nicht in den Kram passt, mittels Verbot und Zensur aus der Welt zu schaffen, hier pars pro toto kurz nachgezeichnet werden, indem der Protagonist des Widerstands noch mal original zu Wort kommt. Auch sollte man die Bedeutung von solchen Zwergenaufständen in der heutigen Zeit nicht un­ter­schätzen. (Oh, pardon! Ich weiß gar nicht, ob man das Wort ‚Zwerg‘ eigentlich noch benutzen darf.) Im 'Tatort' hieß das Kaff übrigens nicht Münsingen sondern irgendwie anders:

................„Die unverschämte Dorfverunglimpfung“................
................................Ein Drama in 4 Akten.................................
.........................über eine typische unverschämte ..................
.......................Dorfverunglimpfung in heutiger Zeit................
1. Akt
Auftritt Jochen Schuster. Der Vereinsvorsitzende vom Tennis­club Münsingen, der die Laien-Darsteller für den Spielfilm zusammen­getrommelt und den Protestbrief an die ARD und die Produktions­leitung gesch­rieben hatte, dekla­miert in aufgebrachtem Tonfall:
„Wir sitzen hier nicht Bier saufend unterm Hirschgeweih.“
2. Akt:
„Der Film ist ein Affront gegenüber den Menschen im ländlichen Raum und insbesondere auf der Schwäbischen Alb. Es gibt durchaus eine Dorfgemeinschaft, diese ist aber sozial konstruk­tiv und nicht feindselig.“
3. Akt:
„Es wird ein Dorfleben skizziert, das es seit den 1950er-Jahren nicht mehr gibt. Ein öffentlich-rechtlicher Sender darf (!) kein Bild präsen­tieren, das nicht mehr zeitgemäß ist.“
4. Akt:
Das Publikum beginnt wie abgesprochen einstudiert zu mosern, meckern und zu stänkern. Eine Hundertschaft Polente verschafft sich gewaltsam Einlaß und prügelt sich durch bis auf die Bühne. Im Saal nur noch absolutes Tohuwabohu, das Publikum schreit alles nieder, Stühle gehen zu Bruch, Fensterscheiben klirren, Tränengas wabert durch die Luft, es riecht nach Pefferspray, Leuchtraketen und China­böller tun ihr übriges, deutlich sind Hassgesänge und kollektive Ver­nichtungs­wünsche zu hören gegen Produzent, Regisseur und den Spielfilm, den Schuster und seine Laiendarsteller ganz ein­fach mit einem Dokumentar­film ver­wechselt haben, es aber nicht glauben wollen. Als wieder halbwegs Ruhe eingekehrt ist, Verteilung der Stimmzettel mit anschließender ‚demokratischer‘ Abstimmung. Ergebnis:
Der Film soll ab sofort im Namen des Volkes verboten werden.
Die ARD nimmt den ‚Tatort‘ aus dem Pro­gramm. Alle ande­ren Anstalten ziehen nach. Ebenso die Bücher­branche und fast alle politischen Parteien, die Schwarzen, die Roten, die Grünen und
(die Gelben gibt's nicht mehr) die Gestreiften und Kleinkarierten,
die Bayern, Sachsen und die Sonstigen, sämtliche Jugendorgani­sationen, die Kirchen, Sekten und die Musel­manis, die Flugzeug-, Spielzeug- und Kultur­industrie, die Auto-, Kohle-, Gas-, Atom- und die Atommüll­indus­trie, alle ziehen nach. Im Steinhuder­meer taucht ein Riesen­oktopus auf und der nächste Kanzler wird ein Zwerg.