Das Tagebuch

9.11.24
… und dann plötzlich so was
Hätte nicht gedacht, so flott nach dem letzten Mal ein weiteres Mal „Respekt!“ rufen zu müssen. Als Robert Habeck bundesweit noch ein unbeschriebenes Blatt war, fiel er schon ziemlich seltsam aus dem üblichen Rahmen, indem er so sprach, als stünden ihm keine durch­gelutschten Sprachschablonen zur Verfügung. Vielleicht war es sogar so.
Nach dieser außergewöhnlichen, turbulenten Woche aber mit im Minutentakt rein donnernden Entwicklungen in den USA und Berlin bin ich mir fast sicher: Der Typ is echt. Selbst das ehem. Springer­blatt, die Berliner ‚Morgen­post‘ konzediert erstaunt, dass noch ne andere Art zu sprechen möglich ist und zitiert ihn mit seinem in sol­chen Momenten doch recht ungewöhnlichen Ausspruch:
„Ich möchte eine Nachdenklichkeit in den Raum stellen, die ich nicht gleich mit einer Antwort zuballern will.“
Für heute also einmal mehr Respekt!
Man muss sich ja nicht unbedingt sofort zum Kanzlerkandidaten breit schlagen lassen.
8.11.24
Im Normalfall
… ist man gezwungen, sich mächtig anzustrengen, um nicht einzu­pennen, wenn die Profis in Sachen Langeweile sich an ihr Volk wen­den. Doch in diesen Tagen kommt man gar nicht mehr so schnell hinterher, wie die Ereignisse auf einen niederprasseln und die Un­verständlichen dann selber nicht mehr wissen, von welchem Son­dergipfeltreffen sie grade kommen, um pflichtschuldig auf Presse­konferenzen ihren Sermon abzusondern, wofür und wogegen auch immer...
7.11.24
Und es hat wumms gemacht!
Endlich! Er hat ihn gefeuert! Scholz hat setnen Finanzminister mit Schimpf und Schande vor die Tür gesetzt!

Mehr dazu später. Und zur allgemei­nen Erhebung der Herzen einige längere Passagen aus Olaf seine fulminante fire-Rede. Nur so viel vorweg: Diese Rede wird in die Geschichte eingehn ... ach was! Die ist ja schon längst drinne! Und dicke Freunde werden die zwei in diesem Leben auch nicht mehr.

***
Und hier nun, bitte sehr, einige großartige Passagen aus Olaf seiner Kriegserklärung. Von diesem sich hanseatisch kühl zurückhaltenden Bundes-Olaf hätt’ ich niemals eine solch zielgenaue Abschuss-Predigt erwartet. Nur ungern und sehr selten, eigentlich gar nicht, benutze ich das Wort ‚Respekt‘. Aber heute passt es: Respekt, Herr Bundeskanzler!

»Meine Damen und Herren,
ich habe den Bundespräsidenten soeben um die Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten. Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden.
(...) Ich muss jedoch abermals feststellen, der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle unseres Landes in der Bundesregierung umzusetzen. Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten.
(...)
Zu oft wurden die nötigen Kompromisse übertönt durch öffentlich inszenierten Streit und laute ideologische Forderungen. Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Sogar die Einigung auf den Haushalt hat er einseitig wieder aufgekündigt, nachdem wir uns in langen Verhandlungen bereits darauf verständigt hatten. Es gibt keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.
(...)
Wer in eine Regierung eintritt, der muss seriös und verantwortung­svoll handeln. Der darf sich nicht in die Büsche schlagen, wenn es schwierig wird. Der muss zu Kompromissen im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger bereit sein. Darum aber geht es Christian Lindner gerade nicht. Ihm geht es um die eigene Klientel. Ihm geht es um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei. Gerade heute, einen Tag nach einem so wichtigen Ereignis wie den Wahlen in Amerika ist solcher Egoismus vollkommen unverständlich.
(...)
Bundesminister Lindner hat ultimativ und öffentlich eine grundlegend andere Politik gefordert. Milliardenschwere Steuersenkungen für wenige Spitzenverdiener und zugleich Rentenkürzung für alle Rent­nerinnen und Rentner. Das ist nicht anständig, das ist nicht gerecht. Steuergeschenke mit der Gießkanne und zur Gegenfinanzierung ein Griff in die Tasche unserer Städte und Gemeinden. Ein Ausstieg aus Investitionen in die klimafreundliche Modernisierung unseres Landes: Auch das will Christian Lindner. Das schürt Unsicherheit in unserer Wirtschaft. Und es verspielt unsere Chance, bei den Technologien der Zukunft vorne dabei zu sein. Die USA, China und andere schlafen nicht.
(...)
Verklausuliert spricht Christian Lindner von der Hebung von Effizien­zreserven in unseren Sozialversicherungssystemen. Dahinter aber verbergen sich harte Einschnitte bei Gesundheit und Pflege und weniger Sicherheit, wenn jemand in Not gerät. Das ist respektlos gegenüber allen, die sich diese Sicherheiten hart erarbeitet haben, gegenüber allen, die Steuern und Sozialabgaben zahlen.
(…)
Schönen Dank.“

Ja, und allerallerschönsten Dank auch von mir. Und jetzt wollen wir alle gemeinsam daran arbeiten, dass diese neoliberalen Nerventöter auf Nimmerwiedersehen unter die 0,05 Promille-Hürde rutschen
6.11.24
Aubacke!
Es ist 6Uhr rum
Dass in der europäischen Berichterstattung über „Harris versus Trump“ mehr der Wunsch, der Vater des Gedanken, die Tippfinger im Spiel antrieb, den Eindruck hatt’ ich schon die ganze Zeit. Ein Faschist wird nun die nächsten 4 Jahre die Welt regieren - mit Betonung auf „gieren“. Warm anziehen heißt ab heute die Devise.
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Punkt 9Uhr
So weit erst mal. Es ist noch früh am Morgen. Wenn sich Rauch und Nebel gegen Abend was verzogen haben, mehr über das Ende der Menschheit.
Aber wo Gott schon tot ist, hilft vielleicht der gute, alte Adorno mit sei­nem tröstenden Satz, der allerdings nicht so gemeint war:
»Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.«
Theodor W. Adorno
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Es ist kurz nach 9:
Und der Wahlen-Ober-Erklärer-Fritze der ARD, Jörg Schönenborn, hat bereits sein ewiges, selbstgefälliges Grinsen schon mal verloren:
„Der nächste US-Präsident heißt dann wohl Trump.“
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Schön geht anders: Was für ne Enttäuschung!
Scheiße, Scheiße und abermals Scheiße!
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Es ist 17Uhr15:
Ich wollte gerade über Amerika loskotzen, da kommt die Meldung reingetickert:
„Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat am Dienstag in Dresden den sächsischen AfD-Chef Jörg Urban zu einem Gespräch getroffen.“
Und gestern war schon neben der US-Wahl das Topthema des Tages die Festnahme von acht mutmaßlichen rechtsradikalen Terroristen der „SS“, der „Sächsischen Separatisten“, von denen allein drei als wichtige Mitarbeiter für die AfD tätig sind.
Also, wenn das nicht alles wie die Faust aufs Auge passt! Ich hab mich nur noch nicht entschieden, auf wessen Augen ...
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Es ist kurz nach 21Uhr:
Alea iacta est, der Würfel ist gefallen. Wolkenkratzerhoch hat Trump die komischen Wahlen gewonnen. „Das Bündnis von Mob und Elite“ (Hannah Arendt) oder auch der Einbruch der Volksherrschaft in die Demokratie hat gesiegt.
Ich schätze, wir müssen neu rechnen lernen. Wenn so ein elitärer, krimineller Mega-Asi zum mächtigsten Herrscher der Welt aufsteigen bzw. gewählt werden kann, dann stimmt auch mit unseren Rechen­arten irgendwas nicht. Aber wenn 1 und 1 nicht mehr 2 ist, bleibt nur noch die pure Gewalt, um die Gesellschaft irgendwie zusammenzu­halten. Und weil in einem solchen System keine gemeinsame Spra­che mehr existiert, ist auch jeder Versuch einer sinnvollen Verständi­gung zum Scheitern verurteilt. Dann dreschen die Kontrahenten bei allen ge­fühlt antagonistischen Widersprüchen, weil einzig basierend auf un­barm­herzigen, grenzenlosen Egoismen, nur noch aufeinander ein oder wenden sich halt direkt an ihre letzte Instanz. Dann wären wir wieder bei „Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.“
Ach, wenn das der Führer noch hätte erleben dürfen!
Prost Mahlzeit.

P.s.:
Für den Fall, dass Ihnen, liebe Leute, meine Sichtweise ein wenig zu schwarz geraten ist, wollen wir doch wenigstens gemeinsam hoffen, dass das alles nicht ganz so eintritt.
5.11.24
Auweia …
Es sieht düster aus ums Weiße Haus ...
4.11.24
Vor allem "in Zeiten wie diesen"
… braucht’s für die nötige Notwehr gegen die aktive, passive und gehei­me, die eigene und allgemeine Verblödung nicht nur gute Bü­cher und "Platten", wie man früher so sagte. Man sollte auch ab und zu den Arsch hoch kriegen, um die erhellende Mucke live zu erleben. Ich war gestern z. B. nach langerlanger Zeit mal wieder unterwegs und zwar ins ferne Leverkusen-Opladen zu
„Köster und Weggefährten“.
Ich hab’s zwar nicht so mit Dialekten und schon gar nicht mit diesem Kölsch – okay, es gibt noch Schlimmeres (als) in unserm Veedel - , und wenn der Sänger Gerd Köster heißt, isetsuwiesuehschonejaaal, oder wie man dat sprechen tut, da kann man da auch durchaus mal drüber weghören. (Tut mir leid,Jächt, is aber so)((Ich weiß, ich weiss, in Dialektisch kann man vieles lockerer und richtiger, derber, deftiger, trefflicher, pointierter & zivilisier­ter wegsingen - und sogar nebenbei sogenannte „Negerwitze“ erzäh­len, ohne von „Rassist! Rassist“-Shit­stürmern nie­dergebrüllt zu wer­den.))
Und wenn ich auch kaum die Hälfte verstanden hab', es war trotz­dem ein Abend der Spitzenklasse; besser geht's, glaubich, aunich.
Da können sich die Paar Eier, de Höhner und all die andern getrost verkrümeln und verpfeifen und nach­haltigst einsargen lassen. Wobei diese Figuren, wie ich annehme, ja nu auch nicht unbedingt zu des Sängers Favoriten äh zäh­len.
***
"Köster und Weggefährten"
Helmut Krumminga: Gitarre/Gesang
Buddy Sacher: Gitarre
Gerhard Sagemüller: Drums/Percussion/Gitarre/Immekeppel
und
Gerd Köster
***
Wenn se demnächst wieder irgendwo umme Ecke aufspielen:
Alles auf der Stelle stehn und liegn lassen, Karten kaufen und HINGEHEN!
3.11.24
Der AfD-Hammer des Tages
Die „Welt“ hat recherchiert und wahrlich Unglaubliches und Unfass­bares herausgefunden:
Der eine Großvater von der AfD-Chefin Alice Weidel soll ein wa­schechter Nazi gewesen sein!
Wie? Was? Ein Nazi? Der Oppa von der war n Nazi?! Das ist ja un­fass­bar! Das ist ja der absolute Hammer! Ha! Damit kriegen wirse.
Aber Alice Weidel bestreitet, von der Nazi-Karriere ihres Großvaters überhaupt gewusst zu haben! Davon haben wir alle nichts gewusst. Is ja nich zu fassen!
Das is ja n Ding. Der Opa war n Nazi. Ha! Da kommen jetzt aber Sachen ans Licht! Mein lieber Schwan, das ist ja kaum zu glauben! Da muss erst die „Welt“ recherchieren, damit so was ans Tageslicht ...
Da kann man mal sehen!
Ja, ja. Und der Oppa war nicht nur'n Nazi. Er war auch Mitglied von dieser SS. Außerdem war er der Fraktionsführer von der NSDAP in diesem Reichstag da und stieg dort zum Kreisgruppenführer des Natio­nalsozialistischen Rechtswahrerbundes auf.

Nein, nein, nein!
Das kann ja wohl nicht wahr sein!
Das soll doch wohl nich wahr sein!
Das is ja der Hammer!
Wo kommt das her?
Wo geht das hin?
Wo soll das alles enden?
Wo is sich Sinn?
Ist die Erde wirklich aus 'n Fugen,
alles im Eimer und längst schon gelaufen?
Und, hör mal, was hab ich davon?
Was du davon? Was wir davon?
Steht der kleine Zeiger schon
seit längerem auf 5 nach 12?
Man versteht die Welt nicht mehr.
Von heut auf morgen aus dem Verkehr.
Ja, sprech ich denn schinesisch?
Das ist doch alles praktisch
wie auch theoretisch
schon über 100 Jahre her!
Einmal muss doch Schluss sein!
Man kann die ganze Scheisse auch
EINFACH NICHT MEHR HÖRN
UND EINFACH NICHT MEHR SEHN!!
So einfach ist das manchmal.
Und die Welt ist wieder schön.

Ja, so sieht's wohl aus.
Die dümmsten Kälber
wählen ihre Schlächter
selber.
Nee, nee, nee.
(Usw usf.
Ad infinitum.)
2.11.24
Wenn am Sonntag …
Laut ‚Tagesspiegel‘ brennt in Berlin die Hütte. Aktuell hammer da folgende Stimmung:
„Die Union legt zu (32%), Wagenknecht verliert jede 5. Stimme.
AfD weiter zweitstärkste Kraft und die FDP muss weiter zittern,
weiter unter die 5%. Und von der SPD, den Grünen und den Linken spricht schon keiner mehr.
Gute Nacht, Europäer!
31.10.24
Halloween oder Hallo Luther?
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) appellierte an die Men­schen, friedlich Halloween zu feiern:
„Gehen Sie raus, verkleiden Sie sich, seien Sie Hexe, Mumie oder Gespenst. Ziehen Sie mit Ihren Kindern um die Häuser, aber be­denken Sie: Auch Schabernack hat Grenzen.“
Aber die Polizei NRW wird ihrerseits auch nicht untätig durch die Nacht eiern. Von unseren V-Männern und V-Frauen wissen wir, dass die Polizisten in NRW sich mehrheitlich als Herbert Reul verkleiden werden, mit Herbert-Reul-Masken und allem Drumunddran. Und die Kollegen, die das geschmacklos finden, haben die Möglichkeit, sich in einen alten, riechenden Kartoffelsack zu stecken und als Martin Luther die Gegend zu verunsichern. Vom Missbrauch der Schuss­waffen und Schlagstöcke, von Pefferspray, Wasserwerfer und Bibeln wird abgeraten. Mal gucken, wer gewinnt.