Das Tagebuch

7.3.24
Kurz & scherzlos
„Und nun, liebe Kinder, gebt fein Acht,
Ich hab euch etwas mitgebracht.“
Dpa, in Übereinstimmung mit allen anderen Agenturen der Welt, berichtet:
„Putin plant ein Atomkraftwerk auf dem Mond.“
Wenn noch irgendwelche Zweifel an Putin seiner Zurechnungsfähig­:keit bestanden hatte, bitte sehr, die dürften mit dem heutigen Tag wohl als erledigt gelten.
6.3.24
„Denn eines ist sicher: die Rente“
Nach jahrelangen, infantilen Abwehr-, Angst- und Horror-Diskus­sionen und endlosen theoretischen Experimenten mit längst anti­quierten Algorithmen, einem internationalen Festival der Null­sum­menspiele gleich inklusive Nebelwerferereien, Scheinge­fechten und selbstverliebten Rentnerdiskursen vor laufenden Kameras made by arte etc (Ich nenne keine Namen, im Grunde sinse sichja alle gleich), haben sich die allmählich profes­sionell verfeindeten Fachmänner wie Fachfrauen von den Regierungspampelmusen küssen lassen und, weil die Zeit wohl drängt, sich gestern dahingehend geeinigt, bis auf Weiteres den notwendig radikalen Schritt, den von allen erwarteten großen Schnitt am Rentensystem auf übermorgen zu vertagen und stattdessen erst mal für kleine Jungs, Pippi machen zu gehen.
Mit anderen Worten: Der große Schnitt, der große Schritt, das dicke Ende mit der Rente kriegt also gnädigerweise wieder mal die nächste Generation an die Hacken geschmiert. Aber das kleine Renten-Ding, Berlin-intern schon als „Pippi-Reform“ verhöhnt, haben sogesehen wir, die heu­tigen, seit gestern am Hals, d.h.: Ändern tut sich praktisch nix, nur ein Begriff kommt wie neu daher und lässt aufhorchen: „Generationenkapital“.
Und diese quasi creatio ex nihilo, diese Schöpfung aus dem Nichts geht natürlich zurück oder besser gesagt auf das Konto unseres kleinen, nix­nutzigen, völlig überflüssigen Lobbyvereins namens Äffffeddddpeeh .
Generationenkapital! Da lachen ja sogar 'de Höhner'. Und diese voll-megageile Idee, mit einem mi­noritären Teil der staatlichen Renten­kohle an die Börse zu trotteln, krass! war schon immer der Herzens­wunsch und die unstillbare Vorliebe des Bundesfinanz-und Grins­gesicht­minister Lindner oder wie Meister Lampe es selber auf der Presse­konferenz mit einem liberalen Lächeln um die Lippen formu­lierte:
„Ein Anfang ist gemacht. Wir haben heute zusammen einen echten, historischen Paradig­menwechsel vollzogen. Unser Rentensystem braucht ein Update.“
Ooocchh! Wie süss. Ach was.
Und noch was!
Der eine oder andere hat eventuell noch das Geräusch im Ohr, das die globale Im- und Explosion der diversen systemrelevanten, angeb­lich unkaputtbaren Superbanken beim letzten Crash produziert hat. 1000mal ist nichts passiert. 1000mal und eine Nacht, dann hat es wumms gemacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben vielleicht beim Überfliegen dieser Zeilen bemerkt, dass ich von der ganzen Materie auch nur mehr oder weniger Null-Komma-Null-Ahnung habe. Eher noch weniger. Aber was ich habe, ist der schwerwiegende Verdacht, dass dieser unappetitliche Lindner …
...ach, ...
was soll der Geiz und die ganze Aufregung. Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl ist der Typ sowieso Schnee von ges­tern. Christian Schnee v. Gestern.
5.3.24
„… bis alles in Scherben fällt!“
Seit Sonntag haben die Arschlöcher für Deutschland in Sachsen einen 2. Bürgermeister. Der Mann heißt Rolf Weigand, das Kaff Großschirma und hat 6000 Einwohner. Also das Kaff, nicht der Bürgermeister. Und hatte 59 % der Stimmen bekommen. Also der Mann, nicht das… ach, is auch egal. Was mag das für ’ne Type sein, den die Großschirmacher so 1a klasse finden?
Nun ja, 2020 stellte er im Landtag z.B. die kleine Anfrage, wieviel „ge­bärfähige Frauen im Freistaat“ denn so leben. Und: wieviel davon echte deut­sche Frauen sind und wieviel solche mit so nem Migra­tions­hintergrund, die es geschafft haben, sich hier einzunisten.
Ich weiß nicht, ob die eine Antwort bekommen haben. Das Hinterfot­zige an den kleinen Anfragen der AfD ist nur, dass die gewünschte Antwort immer schon in der Frage gleich mitgeliefert wird.......
P.s.:
Bleibt vielleicht noch nachzutragen:
Nachdem die Aufklärung an denen voll vorbeigelaufen ist, die acht Zwergschuljahre offenbar auch nix genutzt haben, kommt jetzt die Spätmoderne mit dem Satz an:
"Künstliche Intelligenz hilft bei solchen Leuten da aber mit Sicherheit auch nicht weiter."
Schöne Scheisse.
4.3.24
Nach dem ‚Tatort‘ (Neue Rubrik)
Es kommt nicht oft vor, dass ich nach dem ‚Tatort‘, wenn ich ihn mir denn überhaupt antue, noch 3 Minuten im Sessel hängen bleibe. Aber seit die unverbesserliche Besserwisserin Anne Will die ver­dien­te Biege gemacht hat, will ich oder muss ich – ich kann jedenfalls nicht anders - unbedingt die süßen, riesigen, runden Kulleraugen von dem Lori bestaunen (siehe auch Eintrag vom 6.2.), der uns dämli­chen Glotzenguckern die große, weite Welt der Politik a little bit äh näher … äh, bringen oder sowas soll oder was.
Doch diesmal war alles anders. Diesmal muss die Redaktion des Unterhaltungsformates ‚Caren Miosga‘ zum Nachmittagstee wohl den sprichwörtlichen Zirkusclown verfrühstückt haben, als die Herrschaf­ten nach langen, langen Brainstormingrunden auf den Titel der heuti­gen Miosga-Ausgabe kamen:
„Wie geht Politik in ernsten Zeiten, Herr Söder?“
Weil ich mir aber von Söder nicht die Politik erklären lassen will, und schon gar nicht 20 Minuten lang, bin ich relativ flott ins Internet, um mir da in aller Gemütsruhe alte Miosga-Ausgaben anzuschauen. Das bringt mir nämlich echt mehr als Söder. In echt. Ganz abgesehen von solch lä­cherlichen bayerischen Bierzelt-Kabarettereien wie dieses „Der­blecken“ oder wie die da unten ihren offenen Anwanz- & Arsch­kriecher-Ober­kult bezeichnen. (So! Das wollte ich hier auch noch mal, wenn auch völlig zusammenhanglos, eben los werden.)
3.3.24
American Dream
Das Wort zum Sonntag
Last time I saw you, you had dirt under your nails
Your eyes were glassy and you looked so pale
You said my life has become a livin' hell
Ain't got enough money to pay my bills

Everything is wrong
Everything is wrong

Got a friend with a needle stuck in his arm
He got hooked on heroin in Vietnam
It used to help kill the pain some of the time
Now I can't sleep at all since I got back home

Everything is wrong
Everything is wrong

I worked in the strip mines off and on
Now I can't seem to get rid of this cough
Ain't been many jobs these last few months
And the last one I had, I got laid off

Everything is wrong
Everything is wrong

I ain't got no hot water and they shut off the heat
Can you loan me some money for something to eat?
Been out here on this corner for about a week
Trying hard to stand on my own two feet

Everything is wrong
Everything is wrong

They want to try and tell me where I can live
They kicked me off my land a nd told me they'd give me
A nice little tract house with running water
But how am I gonna explain that to my Navajo mother?

Everything is wrong
Everything is wrong

My American dream almost came true
But the things they promised me never came through
I believe in the American dream
But things are never quite what they seem

Everything is wrong
Everything is wrong
Everything is wrong
Everything is wrong

(Lucinda Williams)

Am 8. März spielt sie mit ihrer Band in Köln. „Stories from a Rock’n’­Roll Heart“. Wer sie nicht kennt, sorry, hat im Leben was verpasst.
Is also keine hirnzersetzende Rummtata-Dödelmucke à la Helene F., auch kein postkarnevalistisches Heimat-Geschunkel wie Brings, Bläck Föös Höhner etc. oder gar Main­stream-Nerventöterei-Gedudel von Genesis bis Pur. (Obwohl, letzteres wär vielleicht mal 'n innovati­ves Forschungsprojekt zur Verbesserung der Welt und Rettung des Restverstandes), passt aber exakt zur Stimmung der Zeit.
Die Hütte ist bestuhlt, und man darf sich setzen. Wenn man will. Oder kann. Am Internationalen Frauentag. Ich bin gespannt. Man sieht sich.
„Rock, peace and Revolution! Thank you!“ wie sie am Ende zu sagen pflegt.
2.3.24
Nun zu einem ganz anderen Thema
Was ist die, ich zitiere, „die hässlichste Gefahr der heutigen Zeit“?
Nun, durch all die Jahrhunderte hindurch und zu allen Zeiten blieb diese Frage für die Menschen immer akut und aktuell. Man fragte und fragte, und so un­terschied­lich die Antworten auch ausfielen,
man vertraute blindlings denen, die sich all­gemein zur Beantwortung der Frage auch berufen fühlten.
Also, was ist die, ich zitiere, „hässlichste Gefahr der heutigen Zeit“?
Nun, zu Anfang war 's das Judentum (und ist es bis heute eigentlich auch geblieben.) Dann waren's die Römer und danach die Vandalen, sodann die Vorpommern, die Sachsen und die Hunnen in Sandalen, der dicke Luther, Frank­reich, Preußen und die armen Demokraten, dann 80 Jahre Kom­munismus, Onanie, die Pille und der Minirock
und dies ewige Yeah-yeah-yeah! und Baby-Baby, balla-balla!
Immer waren es die andern. Und immer lagen se analütisch leicht
bis voll daneben.
Fragen wir doch wieder simpel, den Fachmann, den Ex­perten in Sachen Häss­lichkeit und Wahrheit! Ja, vielleicht weiß er es ja, der aktuelle Papst, der Barmherzige!
„Die hässlichste Gefahr der heutigen Zeit ist die Gender-Ideologie.“
Donnerwetter, Himmel, Arsch und Wolkenbruch. Wer hätte das ge­dacht!?
„Sie hebt Unterschiede auf und macht alles gleich.“
Wie? Die Gender-Ideologie? Echt?
„Das löscht die Menschlichkeit aus.“
Naja, it's the Pope, stupid. Egal. Mir geht's da irgendwie ganz anders. Mir geht se nur aufn Sack. Aber voll.

***

Der Büchertipp fürs Frühjahr!
„Nach dem 7. Oktober
Essays über das genozidale Massaker und seine Folgen“
hrsg. von Tania Martini und Klaus Bittermann
Edition Tiamat
„Terror ist Terror. Terror ist nicht Widerstand, nicht Dekolonisation, nicht Befreiung. Jede Relativierung der Hamas ist antisemitisch, weil der Kern ihrer Ideologie der Hass auf Juden ist und zur Vernichtung aller Juden aufruft.“
1.3.24
Werter ‚Kölner Stadtanzeiger‘, (3)
bei der Lektüre Ihres Artikels von gestern
„Aufstehen für die Demokratie!
Unsere Demokratie wird bedroht durch rechtsextreme Kräfte. Viele Menschen werden dagegen jetzt aktiv. Eine Schwerpunkt-Ausgabe mit der Botschaft: Wir sind mehr!“
sind mir ein paar demokratische Rülpser hochgekommen, von denen ich Ihnen heute erzählen möchte. Keine Angst, Herrschaften! Ich ha­be nicht vor, Ihrem hohen Hause einen Besuch abzustatten, um mit einem rein geschmuggelten Hackebeil Ihren Redaktionstisch zu zer­deppern!
Zunächst mal:
Wenn das Nazipack die Demokratie nicht leiden kann, ist das deren Bier. Dann sind die Nazis aber immer noch Bürger dieses Staates. Wenn Sie, werter ‚Stadt-Anzeiger‘, jedoch von „unserer“ Demokratie palavern, dann sind Sie es, die mit der Ausweisung unliebsamer Bürger hier anfangen.
Und wenn Sie behaupten, diese Demokratie würde durch das Nazi­pack bedroht, konstruieren Sie eine Kausalität, die nicht existiert.
Das Problem ist nicht die Stärke der Faschisten – und hier zählt nur die zahlenmäßige Stärke; etwas anderes hat dieses steindumme, apolitische Gesocks ja nicht zu bieten -, sondern die Schwäche der Demokraten.
Wenn Sie also einerseits die objektiv falschen Thesen der Faschisten mittels treffender Argumente im friedlichen Gespräch ad absurdum führen wollen, um sie dann dergestalt ins bunte, tole­rante Reich der Demokratie zu locken, andererseits aber bereits im internen Vorge­plänkel das Nazipack aus jeder demokratischen Kommunika­tion konsequent, für immer und radikal ausschließen – ich meine, sehen Sie da nicht auch zumindest einen klitzekleinen Wider­spruch?
Und noch so ’ne komische Behauptung: Ihre Kampagnen-Botschaft „Wir sind mehr!“ Wenn Sie sich da mal nich um einige Millionen über­schätzen. Die deutsche Geschichte kann Ihnen, hab ich mal gehört, von gänz­lich andern Dimensionen erzählen.
Und zum guten Ende noch eine zugegeben reine Ge­schmack­sache: Ich kann diese immergleichen Gesichter, die in Ihrem Blatt ihre Gra­tisgesinnung zum Besten geben, einfach nich mehr sehn. So kann man seine Leserschaft übrigens auch verkleinern, um nicht zu sagen, ihrer verlustig werden. Denken kann ich selber.
Danke.

P.s.:
Kennen se den hier?
„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“
(Hanns-Joachim Friedrichs)
29.2.24
Werter ‚Kölner Stadtanzeiger‘, (2)
bei der Lektüre Ihres Artikels von gestern
„Israelausschluss gefordert – Tausende Künstler gegen Teilnahme an der Biennale“
ist mir dreierlei durch den Kopf geschossen: Während die halbwegs demokratischen Parteien wenigstens noch über ihren Umgang mit den Faschisten diskutieren, hat man bei Ihnen den Eindruck, Sie hät­ten in der Beziehung schon längst kapituliert. Desweiteren war mir, und das ist mein voller Ernst, als hielte ich den „Völkischen Beobach­ter“ der AfD in der Hand, und last but not least drittens dachte ich nach dem Absatz
„Nach Angaben der Aktivistengruppe ‚Art Not Genocide Alliance‘ haben inzwischen mehr als 8000 Kunst- und Kulturschaffende die Petition unterschrieben. Die Forderung kommt knapp 2 Monate vor der berühmten Kunstausstellung. Die Kunstbiennale findet vom 20. April bis zum 24. November statt“:
Hey, super, dachte ich, das passt ja. 20. April – Führers Geburtstag!
Muss ich jetzt jeden Eintrag in meinem Tagebuch anfangen mit die­sem
„Werter ‚Kölner Stadtanzeiger‘
Bei der Lektüre Ihres Artikels von gestern“ ?
28.2.24
Werter ‚Kölner Stadtanzeiger‘ (pars pro toto),
bei der Lektüre Ihres Artikels von gestern
„Claudia Roth kündigt Aufarbeitung an – Israelkritische Aussagen bei der Abschlussgala der Berlinale stoßen auf scharfe Verurteilung“
ist mir im Magen etwas kotzkritisch geworden. Verstehen Sie, was ich meine?
Okay, ich versuch es mal andersrum. Geh ich recht in der Annahme, dass das Wort „israelkritisch“ ziemlich, na, wie soll ich sagen oder sagen wa mal so: ja ziemlich einmalig, ähm, oder noch mal anders ausgedrückt: dass es das Wort „österreichkritisch“ zum Beispiel gar nicht gibt, oder „türkeikritisch“ oder „saudi-arabienkritisch oder gar „palästinenserkritisch“. Noch nie gehört oder gelesen, ne?
Sehense. Ich auch nich.