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23.5.25
Besser beaten als verbieten
„Rosen auf den Weg gestreut“
von Kurt Tucholsky
1931
Ihr müßt sie lieb und nett behandeln,
erschreckt sie nicht – sie sind so zart!
Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln,
getreulich ihrer Eigenart!
Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –:
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!

  Wenn sie in ihren Sälen hetzen,
sagt: »Ja und Amen – aber gern!
Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!«
Und prügeln sie, so lobt den Herrn.
Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft!
Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.
 
Und schießen sie –: du lieber Himmel,
schätzt ihr das Leben so hoch ein?
Das ist ein Pazifisten-Fimmel!
Wer möchte nicht gern Opfer sein?
Nennt sie: die süßen Schnuckerchen,
gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen ...
Und verspürt ihr auch
in euerm Bauch
den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –:
Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten,
küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –!

Hat aber damals auch nix genützt.
Nix hat’s genützt.
Goar nix.
Man kann Arschlöchern nicht verbieten, Arschlöcher zu sein. Selbst wo's heute technisch möglich wär, sie alle auf den Mars zu schießen. Arsch bleibt nun mal Arsch. Denn nicht die AfD als Partei ist das Problem, sondern die AfD in den andern. Oder wie Adorno 1967 sagte:
„Ich fürchte nicht die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten.“
24.5.25
Nach der Migrations- und Asylpolitik ...
… geht’s familienpolitisch weiter. Die Tagesschau vermeldet:
„Bundesinnenminister Dobrindt will dem Kabinett kommen­de Woche seinen Gesetzentwurf zur Einschränkung des Familiennachzugs für bestimmte Flüchtlinge vorlegen. Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollen zwei Jahre lang keine Familienangehörigen mehr nach Deutschland holen dürfen.“
„Bisher konnten 1.000 Personen pro Monat nach Deutschland nach­gezogen werden. Damit ist jetzt Schluss", sagte Dobrindt.“
Was die Tagesschau vergessen hat zu erwähnen, ist das, was der Innenminister normalerweise beim Thema Familie eigentlich auch nie vergisst zu erwähnen:
„Die Familie ist Ursprung, Fundament und Zukunft unserer Gesell­schaft. Ohne das fundamentale Band der Familien gibt es keinen Zusammenhalt in Staat und Gesellschaft. Unser Leitbild ist die kinder- und familienfreundliche Gesellschaft.“
25.5.25
Keine Witze mehr hier, zwo, drei, vier!
Mit Witzen über Trump und Putin ist es Schluss, aus und vorbei. Pointen brauchen halt 'ne gewisse Fallhöhe und 'ne überraschende Wende. Wenn Trump jetzt aber sagt „Ich weiß nicht, was zur Hölle mit Putin los ist. Der ist doch absolut verrückt geworden,“ wenn der Trump von Putin also nicht mehr zu unterscheiden ist und wenn Europa dazu nichts anderes einfällt, als die beiden auch noch zu imitieren, dann ist da eben kein Platz mehr für Scherze; dann wird es sterbenslangweilig.
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70 Jahre lang durften, nein, mussten die Deutschen unter Anleitung der Amis das zarte Pflänzlein Freiheit bewässern + wachsen lassen. Aber wenn es ein Naturgesetz gibt, dann dieses: Dass nichts für die Ewigkeit ist. Und dass es immer mindestens 2 Möglichkeiten gibt.
Trump marschiert jetzt stramm in die andere, altbekannte Alternative-Fakten-Richtung. Er sagt sich, nein, sagen tut er’s nicht, aber tun tut er’s: Von Goebbels lernen, heißt siegen lernen. Und wenn’s nüschts mehr zu lachen gibt, ja, dann wird es also ernst. Und die Massen kichern sich zu Tode. Dann wird's Zeit für einen Bundeswitzeminister. (Fortsetzung folgt)
26.5.25
Hallo, Jugend!
Es kann gut sein, dass ihr bisher nichts davon habt läuten hören, weil ihr ja nur noch in euren Asi-Medien unterwegs seid. Deswegen über­bring ich euch ein weitres Mal die „definitiv“ nicht grade „prickelnde“ Nachricht, dass ihr euch, die ihr in den 90er Jahren des letzten Jahr­hunderts und danach in die Welt geworfen wurdet, eure versproch­ene Rente in die Haare schmieren könnt. Angeblich seid ihr ja laut wissenschaftlichen interdisziplinären Feld-, Wald- und Wiesenunter­suchungen mehrheitlich lustig drauf und glotzt frohgemut in die Zukunft. Ihr könnt das liken, wie und wie oft ihr wollt, oder euch sonst wohin tättoviren, doch ich muss euch leider nen Strich durch die Rechnung machen und darf euch noch mal – ich weiß gar nicht, wie oft ich das hier schon … hallo, seid ihr noch da?! Hier geblieben!!! und zugehört!… noch mal behelligen mit einem klugen Satz eines noch klügeren Dichters, den ihr wahrscheinlich auch nicht kennt, mit dem Satz:
„Optimismus ist nur der Mangel an Information!“
Habters kapito? Euer Freund, der blutjunge, christliche Generalse­kretär vonne CDU, der Linnemann sieht zum Beispiel nicht so rosig in die Zukunft wie ihr und verlangte gestern in der Unterhaltungssen­dung „Miosga“, dass „die Rentner mehr arbeiten müssten“.
Jaja, ich weiß, ihr seid ja keine Rentner, also tangiert euch das höchst peripher einen Scheiß oder wie ihr euch auszudrücken pflegt. Ich hab ürigens meine Tipp-, Dräck-, Komma- und Grammatikfehler, die Druck-, die OttoGraf- und Flüchtigkeitsfehler extra drin gelassen, damit ihr mich besser versteht.
Ich wollt’s nur noch mal gesagt haben. Ich bin heilfroh, dass ich schon so alt bin.
Tschüss, ihr lustigen Optimisten
P.s.:
Bei Fragen zu Nebenwirkungen oder so geht einfach inne Apotheke...
(Wird wahrscheinlich auch fortgesetzt)
27.5.25
„Wer hat’s gesagt?
Das neue heitere Sprücheraten“
„Wir werden die Ostflanke gegen jede Aggression verteidigen.“
Wer hat's gesagt?
Rudolf Scharping (Ex-SPD-Verteidigungsminister)
Norbert Blüm (Ex-CDU-Minister für Arbeit und Soziales)
Wilhelm Keitel (Ex-NSDAP-Generalfeldmarschall)
Wladimir Putin (Staatspräsident von Russland)
Donald Trump (US-Präsident)
Mutter Teresa (Mutter Teresa)
oder
Barbara Schöneberger (deutsche Fernsehtusse)?
Na, wer hat’s gesagt? Hm?
Nee, falsch, alles falsch. Falsch, falsch, falsch. Friedrich Merz war das und zwar gestern auf dem Gipfeltreffen der nordischen Staaten im finnischen Turku.
(Also, ich mein, man muss sich schon ein bisken vorher informieren, wenn man hier mitspielen will.)
28.5.25
Es dämmert schon
Ob es in sog. aufwendig produzierten TV-Dokus um seltene Maikäfer, seltene Krankheiten, seltene menschliche Meisen und Marotten oder um seltene Erden geht oder um – natürlich seltener - selten dämliche Politiker, schon seit längerem versucht man die Quote ah­nungsloser Zuschauer zu steigern, indem man ihnen nach jedem zweiten oder dritten Satz in dieser Sorte Bildungsfilmchen mit selten dazu passen­der, reißerischer Mu­sik, Getöse und sonstigen Kakophonien auch noch den letzten kritischen Gedanken aus der Birne bumballabimst. Und wenn die Doku-Produzenten meinen, ihre Produkte mit O-Tönen z.B. in englisch, französisch oder chinesisch, garnieren zu müssen, um dadurch die eigene Seriösität erhöhen oder beweisen zu können, wird am besten noch die deutsche über die Originalversionen exakt drüber geschnitten und vorzugsweise in der gleichen ungesunden Lautstärke, so dass man am Ende gar nix mehr kapiert.
Das war nur ein Beispiel. Ganz abgesehen von der zwangsläufigen Nervenabmurkserei in der Postpostpostmoderne.
Es vergeht in diesen Anstalten kein Tag, an dem ihr psychopatholo­gischer Veränderungswahn, motiviert allein durch höchst banalen Steigerungswillen des allgemeinen Konsumterrors, sich nicht selbst noch ein paar mal überholt. Irgendwer muss den „Verantwortlichen“ wohl – auch nur 'n Beispiel - mal geflüstert haben, dass „die meisten Leute die Nachrichtensen­dungen einfach nicht mehr verstehen können.“ „Die Info-Sprache muss für die einfachen Leute einfach vereinfacht werden!“ Und zack! am nächsten Tag hieß es nicht mehr „Der Kanzler hat gesagt“, sondern „Der Kanzler, der hat ja gesagt.“
Marietta Slomka zum Beispiel, eine der ganz großen Vorreiterinnen im Verhunzen der deutschen „Info“-Sprache, hat noch ein neues Element in die Simplifizierung eingebracht. In einen längeren Satz mit -sagenwamal- 20 Wörtern schafft sie es locker, mindestens 19 unterschiedliche, durchaus sinnentsprechende Gesichtsmimiken zu „performen“. Dass damit das journalistische Grundgesetz der strikten Trennung von Nachricht und Kommentar mirnichtdirnichts ad acta gelegt wurde, ist den herrschenden Unterhaltungsfiffis so wurscht wie wurscht.
Aber das alles sind nur eher harmlose Beispiele, nur der mickerige Anfang vom nicht abzusehenden Ende. Zur Versimpelung der „Nach­richten“-Sendungen gehört mitt­lerweile eine Armada an Maßnahmen, ohne die ne intendierte Massenverblö­dung nie funktionieren könnte. An erster Stelle hammer da die Prioritätenverschiebung: Wichtig ist nicht die Nachricht, sondern ihr Sprecher; wichtig ist nicht dezente Kleidung, sondern eine ins Auge springende Klamotte; wichtig ist nicht eine deutliche Aussprache, sondern ruhig auch mal ein kleiner Sprachfehler (Achtung Minderheitenschutz!), zum Beispiel ein leich­tes sexy Lispeln. Zum Beispiel.
Etcetera etcetera.
Und neuerdings ganzganz wichtig: Heimat, Heimat, Heimat, Heimat – das unüberhörbare Scheiß-Wort, das schon lange auf dem Sonder­müllhaufen der Geschichte hätte entsorgt werden müssen! Ja, sicher. Natürlich, natürlich kann man im Dialekt viele Dinge deutlicher dar­stellen und verständlicher kritisieren. Härter halt in jedem Fall. Aber die meisten Regional-Apostel wollen nur in ihrem jeweiligen Heimatsumpf rumsuhlen und so den Rest der Welt ersticken und vergessen. Denn die meisten Mörder morden mit Vorliebe in der eigenen Familie. Hab ich mal gehört. Beispielsweise.
Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich auch die allerletzte Sack­gasse für unabhängig erklärt und eine echte, einfache Sackgasse wird und bleiben wird und somit das glorreiche Ende der Globali­sierung endlich erreicht ist, diese etwas neue Art der ...
Endlösung.