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22.6.23
Die Gute Nachricht des Monats
Die ‚FAZ‘ informiert netterweise:
„Ende Februar hatte Springer-Chef Mathias Döpfner einen radikalen Umbau bei der ‚Bild‘-Zeitung angekündigt. Jetzt wird klar, was das bedeutet. Mehr als 200 Mitarbeiter werden entlassen und die KI, die Künstliche Intelligenz hält Einzug.“
Nun ja, noch ist ja nicht ausgemacht, wie intelligent, oder sagen wir mal, wie widerlich, wie kriminell oder wie neublöd die ‚Bild‘ der Zukunft werden wird durch diese KI.
Aber grundsätzlich kann sich die Menschheit erstmal beruhigt zu­rücklehnen und darüber froh und munter sein, dass selbst dieses Schweineblatt auch von all den Krisen kaputtgebeutelt werden - ­könnte.
23.6.23
Der Platten-Tipp
Nicht neu,
aber immer noch
superlativst
Vor kurzem wiederentdeckt:
„La Superbe“
Benjamin Biolay
Doppel-CD von 2009
24.6.23
Hitzefrei
Heute hab ich mir hitzefrei gegeben.
25.6.23
Arschlöcher ante portas
In der Höcke-Hochburg Thüringen hat der AfD-Mann Robert Sessel­mann gestern die Stichwahl zum Landrat in Sonneberg gewonnen, wo immer das auch liegt, 52,8 % gegen 47,2 % für den CDU-Mann. Damit stellt die AfD erstmals in Deutschland einen Landrat. Und alle Kommenta­toren kommen uns wieder mit der albernen, der vernied­lichenden, an den Haaren herbeigezogenen „Denkzettel“- Nr. Also: Herrschaften! Jetzt noch ein allerletztes Mal die Ohren auf! Und mitgedacht!
Wer der Regierung oder in diesem Fall auch der starken CDU-Oppo­sition einen Denkzettel verpassen will, der, ja, der geht erst gar nicht hin zur Wahl! Und wenn doch, dann schreibt er zur Erklärung in großen Druckbuchstaben nur „Denkzettel“ auf den Zettel. Und damit: Schluss, aus, Mickimaus!
Wer aber stattdessen die Faschisten wählt, der wählt eben nichts anderes als die Faschisten und hat's auch so gewollt, und nicht irgendeine Denkzettelpartei, die es gar nicht gibt. Die hieße dann ja auch „Denkzettelpartei“ oder so ähnlich.
Und Sie denken jetzt wahrscheinlich: Wo is sich Problem? Is doch alles easy, locker, leicht und 100000mal erzählt, selbstverständlich und unkompliziert. Ist es aber anscheinend nicht. Denn wenn selbst diejenigen, die die Denkzetteltheorie in die Welt gesetzt haben, die offensichtliche Parallele zu den 20er und 30er Jahren nicht sehen, wo genau dasselbe hirn- und humorlose, autoritäre Pack zu den Nazis übergelaufen ist, und dabei nicht einmal die da­raus resultie­renden 50 Millionen WK2-Toten gedanklich parat haben, dann tritt eben gnadenlos das ein und in Kraft, was der gute alte Marx mal so formuliert hat:
„Hegel bemerkte irgendwo, dass alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.“
Und in der Phase der Farce, liebe Freunde, simmer grad. Arschlöcher ante portas.
26.6.23
Nato-Osterweiterung?
Wie, was is damit?
Erich Fried bedichtete mal vor Urzeiten die Spannung in der Athmosphäre, treffsicher wie meistens, so:

Humorlos
---
Die Jungen werfen
zum Spaß
mit Steinen
nach Fröschen
Die Frösche
sterben
im Ernst
27.6.23
Meine persönliche Obergrenze
Die unaufhaltsame Verblödung durch Parkinson wird immer mehr zu meinem Spezialgebiet. Mit diesem umfangreichen Erfahrungsschatz und angehäuften Wissen könnte ich bald als ausgewiesener Experte für Matsch im Kappes durch die üblichen Talkshows tigern. Andererseits hocken in den Lall- und Laberrunden genug Hirntote rum. Da brauchen die mich nicht noch als Verstärkung. Solang ich den täglichen Politwitz noch hinkriege, ohne jeden zweiten wegen groben Unfug in die Tonne kloppen zu müssen, bleibe und schreibe ich.
Nur werd ich mir wohl immer öfter ne kleine Auszeit genehmigen. So wie heute. Mit der Option auf Verlängerung.
Am 3. Juli bin ich wieder da.
30.6.23
(Der Plattentipp für zwischendurch)
Noch ist Frankreich nicht verloren:
„Nous étions des humains“
von der Straßenmusik- und Folkrock-Truppe Mickey 3d
3.7.23
Zur Theorie und Praxis der ‚Marseillaise‘
Es flogen wieder Pflastersteine und es splitterten die Scheiben,
es brannten wieder dicke Schlitten und es zitterten die Reichen,
es glotzten die Bürger wie immer dämlich von ihren Balkonen ...
da war es aus und vorbei mit Bürgers Ruh,
Die Bullen schlugen wieder zu.

[Dazu spielt das Französische Staatsorchester die französische Nationalhymne – hier halt nur eben auf deutsch.]

„Auf, Kinder des Vaterlandes,
Der Tag des Ruhmes ist gekommen!
Gegen uns ist der Tyrannei
Blutiges Banner erhoben.
Blutiges Banner erhoben.
Hört ihr auf den Feldern
Diese wilden Soldaten brüllen?
Sie kommen bis in eure Arme,
Um euren Söhnen, euren Gefährtinnen
die Kehlen durchzuschneiden.

Zu den Waffen, Bürger,
Formiert eure Truppen,
Marschieren wir, marschieren wir!
Unreines Blut
Tränke unsere Furchen!

[ *) ]

Zittert,
Tyrannen und ihr Niederträchtigen,
Schande aller Parteien,
Zittert!
Eure verruchten Pläne
Werden euch endlich heimgezahlt!
Werden euch endlich heimgezahlt!
Jeder ist Soldat, um euch zu bekämpfen,
Wenn sie fallen, unsere jungen Helden,
Zeugt die Erde neue,
Die bereit sind, gegen euch zu kämpfen.

Zu den Waffen, Bürger …

Wir werden des Lebens Weg weiter beschreiten,
Wenn die Älteren nicht mehr da sein werden,
Wir werden dort ihren Staub
Und ihrer Tugenden Spur finden.
Und ihrer Tugenden Spur finden.
Eher ihren Sarg teilen
Als sie überleben wollend,
Werden wir mit erhabenem Stolz
Sie rächen oder ihnen folgen.

Zu den Waffen, Bürger,
Formiert eure Truppen,
Marschieren wir, marschieren wir!
Unreines Blut
Tränke unsere Furchen!“

Na, was sagen wir denn dazu?
Ouuuuuh! Ja. Jedenfalls nicht so langweilig wie „Brüh im Glahanze“.
Andererseits, 'n bisken viel Patttttthossss, vielleicht. Für meinen Geschmack, oder? Egal.
Gut. Abgesehen davon und davon, dass das Ding über 200 Jahre alt ist, sich seitdem so manches verändert hat, und obwohl die Menge der enttäuschten Hoffnungen wahrlich die der glück­lichen Momente bei weitem überwiegt, und überhaupt davon abgesehen, dass man in zugespitzten Situationen, in Zeiten der Revolte wie diesen, sich nicht immer so gezielt das Nötigste zum Lebensunterhalt zu­sam­menplündern kann und - so gesehen - man schon mal das Falsche erwischt, dass auch schon mal die falsche Hütte, das falsche Auto oder das falsche Pferd Feuer fängt und dass die perma­nente Revo­lution auch mal 'ne Pause bräuchte und dass die Religiö­sen aller Schattierungen, die privat ganz legal glauben und praktizieren dürfen, was, warum und wie sie wollen, trotzdem die ganze Gesell­schaft mit Gewalt ins Mittelalter zurückkatapultieren wollen, und dass die Religionsfreiheit für die überwältigende Mehrheit in erster Linie einfach nur Abstinenz bzw. natürliches Desinteresse an außerirdi­schem Budenzau­ber bedeutet,
also, abgesehen von dem und dem und alledem hat man in Frank­reich zusätzlich das Problem, dass die Mitglieder der jeweils herr­schenden Klasse seit über 200 Jahren immer genau dasselbe Lied vom Untergang anstimmen wie die von ihnen Ausgegrenzten, Unter­drückten und Beleidigten.
Da kann doch irgendwas nicht stimmen!
Fakt ist jedenfalls: Ohne unsre lieben Freunde der Aufklärung, ohne die Froschfresser aus dem Westen, hüppten wir hier doch alle noch immer auf den Bäumen rum. Aber für die Allemannen und ihre sa­genhafte Presse ist Frankreich nur das Land der ewigen Krawalle. Wäre ich Fran­zose, würde ich mir von einem Deutschen aus Erfah­rung schon mal gar nix sagen lassen. Nicht mal von mir.

*) Die Hymne hat noch n paar Strophen mehr, doch das wär wohl für uns etwas zu viel des Guten gewesen. Zumal die Lektüre für Jugend liche unter 16 Jahren auch nicht geeignet ist.
4.7.23
Willkommenskultur
Kleiner, kurzer, lesenswerter Artikel auf der 1. Seite vom ‚Kölner Stadtanzeiger‘:
„Mitarbeiterin im Ausländeramt zu Haft verurteilt
Köln. Eine Mitarbeiterin des Kölner Ausländeramts, die Teil einer Schleuserbande war, muss für mehrere Jahre in Haft. Das Landge­richt Köln verurteilte die 60-Jährige wegen gewerbs- und banden­mäßigen Einschleusens von Ausländern, Falschbeurkundung im Amt und Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Die Frau hatte zum Prozessauftakt ein Geständnis abgelegt. Sie hatte vor allem für syrische Staatsangehörige Ein­reisedokumente gefälscht und soll dafür insgesamt 143000 Euro erhalten haben.“
Früher nannte man solche Leute Fluchthelfer, und die kriegten dann später irgendwann auch noch das Bundesverdienstkreuz am Flucht­helfer­bande.
Geschenkt.
5.7.23
Allons enfants! Ça ira!
Der ‚Kölner Stadtanzeiger‘ schreibt, nach 6 Tagen Volksauflauf und Militanz in Folge hätte sich Präsident Emmanuel Macron mit 241 Randalierern aus den von Unruhen betroffenen Kommu­nen getrof­fen und „grundle­gen­de Antworten“ versprochen.
Nee, pardon, Quatsch! Aber gegen wen sich diese „grundlegenden Antworten“ garantiert richten werden, kann sich jeder an seinen zwei Mittelfingern selber ausrechnen. Und es waren auch nicht 241 Randalierer, sondern 241 Bürgermeister!!
Wie man sich doch vertun kann ...