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10.2.23
Hallo taz!
Einen langen Brief hab ich von Ihnen erhalten. Sie schreiben:
„Lieber Herr Wolfgang Nitschke,
Sie haben echt Arsch in der Hose. Sie setzen sich mutwillig jeden Tag oder zumindest einmal in der Woche mit einer ganzen Zeitung auseinander. Hut ab! Dabei sind die täglichen Nachrichten keine leichte Kost, und“ ... so weiter und so fort.
Der Inhalt in Kürze: Sie bedanken sich für meine Abo-Treue und wollen mir hierauf diverse Sonderausgaben andrehen. Ja, vielen Dank auch.
Nur das vorweg:
Ich habe da weder drum gebeten noch gebettelt, noch will ich die. Und noch was zur Klarstellung: Sie haben Ihren ellenlangen Sermon im Wesentlichen so formuliert, als hätten Sie den eigens nur für mich zusammengeschwurbelt, damit ich mich persönlich angespro­chen fühle. Für wie blöd halten Sie mich eigentlich?
Ich bin tatsächlich seit der ersten Null-Nummer (1978) ununter­brochen Abonnent der taz. Aber ob aus Übereinstimmung, Faulheit sie zu kündigen oder Papierverschwendungssucht weiß ich manch­mal selber nicht. Was ich jedoch garantiert nie mache, ist, „mich mutwillig jeden Tag mit der ganzen Zeitung auseinanderzusetzen.“
Also, alles keine Gründe für Sie, vor Freude in die Luft zu springen. Ich frage mich nur: Warum geben Sie sich bloß, wie man so hört, immer so viel Mühe beim Machen ihres Blattes, wenn Sie selbst langjährige Abonnenten für so dermaßen dämlich und hintermondig halten, auf solche Taschenspielertricks und billige Anwanzereien hereinzufallen?
Sie können mir allerdings ruhig auch in Zukunft derartigen Mist rübermailen. Dann weiß ich wenigstens, woran ich bin, und brauche nicht „jeden Tag die ganze Zeitung“ durch zu ackern. Soviel Arsch muss sein.
Vielen Dank noch mal und im Voraus
Schönen Tach auch
Wolfgang
11.2.23
Heute hab ich ...
... witze-frei.
12.2.23
Das große Identitähtärähh
(Neue Serie)
"Wem kann man heute noch glauben?
Und was kann man denn noch glauben?
Und woran kann man sich noch orientieren?
Hilfe!"
Es heißt neuerdings immer öfter, egal wo man hinkommt, dass es keine Werte mehr gäbe. Sämtliche Gewissheiten seien weggebrö­selt, ehemals feste Überzeugungen hätten sich in Luft aufgelöst. Man fühle sich so verlassen, weil man sich auf nichts mehr verlassen könne. Nicht mal auf die Grammatik. Und Orthografie, Dramatik und sich selber. Die Litanei ist lang:
Das Vertrauen sei dahin, die Hoffnung ein für alle Mal gestorben, die Visionen futschikato, Respekt auf Reisen und die Liebe ad acta, Humanität auf Schusters Rappen, die Offenheit im Keller und das Mitgefühl sei auf Nimmerwiedersehen flöten und die Freundlichkeit Zigaretten holen gegangen, Vorurteilslosigkeit sei ein Fremdwort geworden, die früher für die Ewigkeit in Marmor gemeißelten Iden­titäten: verflogen-verschimmelt-verraten & verkauft und sowieso: Die Welt sei nicht aus irgendwelchen Fu­gen, sondern ganz einfach schlicht und ergreifend unwieder­bring­lich im Arsch.
Nur eine Frage bleibt dabei immer irgendwie auf der Strecke: Der Glaube. Die Frage nach dem Glauben. Und der wollen wir hier an Ort und Stelle künftig in unregelmäßigen Abständen, neugierig wie wir nun mal sind, nachgehen.
Und in der 1. Folge sollen nun die Christen bevorzugt dran glauben.
+++
Die Christen haben's ja, was ihren Glauben betrifft, relativ sim­pel. Die brauchen sich nich um die andern Dinge zu kümmern; die haben ihr ganz eigenes Glaubensbe­kenntnis. Das ist zwar reich­lich lang, es reichten eigentlich auch die ersten paar Zeilen. Aber was soll's?! Aufi geht‘s! Was glauben die Christen denn so?

„Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria ...“

Ja, Himmel Herrgott Kruzitürken!! Sonst noch wat?! Is' genug!!!
Nee nee, nixda! Außerdem: Genug ist nie genug. Und weil‘s so schön aus dieser Welt war, tippen wir noch diesen Part hier ab, liebe Glaubensbrüder und Schwestern:

„… gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten ...“

So, ich glaub, jetzt reicht‘s aber, oder?
Nee, nee. Mach noch den Rest!
Der Rest klingt genauso. Den kann man sich sch …
Nee,komm, mach den Rest!

...“Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.“

Ja. Und Amen.
Und det Janze entstammt wohl – ohne den Christen jetzt zu nahe treten zu wollen - ziemlich genau derselben durchlaucht durch­leuchteten Jenseitserfah­rung der Herren Moses und Mohammed, Mutter Beimer und Rudi Carrell. Aber da müssen die Christen schon selber mit klar kommen.
Und nächste Woche, liebe Kinder, gucken wir uns an, was unsere Mohammedaner denn alles so für möglich halten. Vielleicht fällt da ja auch noch der ein oder andere Witz bei ab ...
13.2.23
Heute ...
... hab ich mir noch mal witzefrei genommen.
14.2.23
Die gute Nachricht der Woche
Die gute Nachricht der Woche heute schon, am Dienstag? Die Woche hat doch grade erst angefangen? Da könnte doch noch so allerhand Positives passieren, sollte man meinen!
Andererseits, eine bessere Nachricht als die, dass jetzt auch in Ber­lin die FDP aus dem Rathaus geschreddert wurde, ist wohl kaum vor­stellbar.
15.2.23
Was ist das denn nu schon wieder?
An den offenen Rassismus der „Arschlöcher für Deutschland“ - sie nennen sich auch AfD - hat man sich ja bereits gewöhnt. „Is doch noormaaal!“ Und dass die geistige Entwicklung dieser Leute im Affenzahn in Richtung frühe Steinzeit unterwegs ist - geschenkt. Aber jetzt haben sie auch die nonverbale politische Kommunikation ent­deckt: In Berlin hat so ein AfD-Primat erst auf leerem Magen seine rassisti­schen Runden durch diverse Restaurants, die ihm nicht passten, gedreht, dann aber doch kräftig zugebissen, und zwar einer schwarzen Journalistin, die ihm auch nicht passte, in den Hals - mit dementsprechenden Folgen.
Und in Hannover hat der in seiner Szien weltberühmte Tanzguru-Cho­reograph und Ballett-Boss der Staatsoper Marco Goecke einer Kulturkritikerin vonner FAZ, der wohl Goeckes letztes Hüpfdohlen­theater nicht so gut gefallen und die ihm als Mensch schon grund­sätzlich nicht gepasst hatte, in aller Öffentlichkeit Hundekot ins Gesicht geschmiert.
Es wird hier, so scheint‘s mir, irgendwie von Tag zu Tag immer appetitlicher. Andererseits, wenn der AfD-Homunkel dem Tanz­meister die Portion Hundescheiße verabreicht und die Tanzmaus daraufhin dem deutschen Arschloch irgendwo reingebissen hätte …
Nee, so rum ergibt das alles auch keinen Sinn. Nee, lassen wir das. Hat eh kein' Zweck.
16.2.23
Gestern war übrigens
der „Internationale Tag des Regenwurms“
Und wir wollen doch nicht den Regenwurm vergessen, gerade in diesen Zeiten, wo die Welt so auf der Kippe steht. Denn eins sollte uns doch wohl klar sein: Die Welt braucht zu ihrem weiteren Beste­hen weder rassistische AfD-„Politiker“, die obendrein, wenn's eng wird, auch noch anfangen zu beißen, noch weg­geknallte Tanzmäuse im Tütü-tätä-täräh. Die Welt aber braucht den Regenwurm.
Gut, so‘n Regenwurm muss nicht unbedingt Kanzler werden können. Aber das wär immerhin noch sinnvoller als einer von diesen Arsch­löchern.
17.2.23
Kleine Fluchten
Muss sein.
Von jetzt
bis zum
22.2.23.
Bin am
Ascher
mittwoch
wieder
da.
19.2.23
Das große Geschäft
Es war mir zu kalt, zu nass, zu ungemütlich. Also zurück, marsch, marsch mit dem Hammer-Ohrwurm von Neil Young im Ohr „Goin‘ home“.
Und was mussten meine armen, vom permanenten Kontakt mit der Wirklichkeit der Welt schon reichlich derangierten Augen auf den Werbe­flächen der KVB-Endstation von Linie 4 „Köln-Bocklemünd“ erblicken? Eine Werbung, richtig, und zwar eine ungewöhnlich aufdring­liche Werbung für die neue, gnaden- und gewissenfreie Hypercyberzockerei (mit 2,3%, Deutschlands höchstem Zins) durch „Scalable Capital.de“, einem der ganz frischen Schweine-Vereine, wie sie im großen Buche der ganz frischen Schweine-Vereine steht.
Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich:
„Was soll das? Warum disqualifizieren Sie Ihre ausführliche, sach­liche Beschreibung einer On-line-Bank am Ende mit einer albernen Beleidigung, mit dem arg strapazierten, populistischen Todschlag-Argument „Schweine-Verein"? Was soll das?“
Nun, was würden Sie denn von einer Firma halten, die duzender­weise mit der als eyecatcher aufgemachten Aufforderung an Sie herantritt:
„Mach dein großes Geschäft auf dem Sofa!“
Ich meine, das riecht doch bereits beim Überfliegen nach einem Riesenhaufen ...
Halt, stopp! Stimmt.
22.2.23
Wie gut, dass es ihn gibt!
Der Kölner Stadtanzeiger, der unbestechliche, schreibt:
„Inflation trifft Rentner
Menschen mit einer kleinen Rente waren in vergangenen Jahr be­sonders stark von der hohen Inflation betroffen. Vor allem die gestiegenen Stromkosten hätten ihnen zu schaffen gemacht,
so eine Studie.“
Ach, ich wusste gar nicht, dass man dafür studieren muss.